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Cuxhaven und die Franzosenzeit

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Department der Elbmündung(en)

Bereits Jahre bevor Napoleon zum eigentlichen Schlag gegen Preußen ansetzte, kam es bereits zu großen politischen und vor allem sozialen Umwälzungen. So ab 1795 auch im Amt Ritzebüttel. Obwohl Hamburg die eigentliche Hoheit über das Amt besaß, aber damit beschäftigt war, die politische und, für Hamburg wichtiger, die wirtschaftliche Ballance zwischen Frankreich und England, beides starke Handelspartner Hamburgs, zu halten und nicht zuviel aufzufallen, war es zu der Zeit nicht übermäßig an den Belangen seiner verschiedenen Exklaven interessiert.

So kam es im Jahre 1795 bereits zu einer (präventiven) Besetzung durch 800 Mann hannoversche Truppen zum Schutz gegen eine mögliche französische Okkopation. Ihnen folgte am 23. November 1800 die Besetzung durch 2200 Mann preußische Truppen. Selbstverständlich versorten sich, wie zu der Zeit üblich, Besatzungstruppen aus den besetzen Gebieten, was zu meißt unvergüteten Einquartierungen in Hotels, Herbergen und Privatquartieren führte. Und dabei konnte man schon zufrieden sein, wenn die Besitzer nicht ausquartiert wurden. Gleiches galt für die allgemeine Versorgung mit Lebensmitteln und anderen Artikeln des täglichen Bedarfs, wobei man sich nicht nur auf das Allernötigste beschränkte. Darüber hinaus wurden nach Belieben die Einwohner zu ebenfalls meißt unvergüteten Hand- und Spanndiensten herangezogen. So für zur Elbe, also gegen die Engländer gerichtete Forts (Kugelbake, Grimmershörn, du Phare am Leuchtturm und Napoleon beim Osterhörn). Oder auch ein 4-wöchiger Fuhrtrain mit im Land Wursten requiriertem Getreides nach Magdeburg, was erhebliche Verluste an Zugtieren und Wagen gekostet hat. Und auch nicht jede Frau oder Mann kam ungeschoren davon. Kurzum, egal welche Macht gerade zu `Gast´ war, es war für die Bevölkerung eine große und unangenehme Belastung in jeder Weise.
Bereits hier, Jahre vor dem eigentlichen französischen Zugriff, zeichnete sich deshalb der Volkszorn auf Napoleon als dem eigentlichen Verursacher ab. So schreibt ein Oxstedter Bauer schon kurz nach 1800 das `Hännöversche Vater Unser´ nieder, ein z.d.Z. verbreiteter Spottvers:

"Stiefvater, der du bist in Paris, vermaledyet sey dein Nahme, dein Reich komme uns vom Halse, dein Wille geschehe weder im Himmel noch auf Erden, Unser täglich Brod nimm uns nicht gäntzlich. Verzeihe, daß wir dich nicht lieben, wie wir verzeihen, daß du uns nicht liebst, und führe uns nicht in größeres Elend, sondern befreye uns von den zerlumpten Husaren, Füseliers und allen Hungerleidenden. Denn dein ist das Reich des Jammers, Elends, Hohn und Spott, von nun an bis in Ewigkeit. Amen"

Ab 14. Juni 1803 geht es dann richtig rund. 250 Franzosen besetzen erstmals das Amt, ziehen aber 1805 wieder ab. Darauf erscheinen am 1. April 1806 1.000 Preußen. Auch die ziehen am 14. September d.J. wieder ab. Zwischen 25. November und 8. Dezember 1806 erscheinen erneut französische Truppen, diesesmal über 600 Mann. Mit dem Tage das Abzugs übernehmen holländische Truppen das Amt. Am 7. Juli 1809 landen 320 Engländer, die wiederum von glücksburger Dänen vertrieben werden. Im Herbst 1809 Besetzung durch großherzoglich berg´sche und westfälische Truppen des Bruders Napoleons. Am 2. März 1810 wird das Amt wiederum von französischen Truppen besetzt, die sich im März 1813 aufgrund der Landung englischer Truppen am 16. März zurückziehen. Aber bereits am 8. Mai lösen die Franzosen die Engländer wieder ab. Am 27. November erscheint dann ein russischer Verband von 1.200 Mann und auf der Elbe englische Kriegschiffe, was drei Tage später zur letztlichen Kapitulation und Auszug der Franzosen aus dem Amt führt. Nicht ohne dass der Ort zuvor noch ein letzes mal aus den beiden Forts `du Phare´ und `Napoleon´ beschossen wird; aus du Phare mit glühenden Kanonenkugeln. Mit dem Abzug der Russen und später auch der englischen Wacheinheit endet die Besatzungszeit des Amtes Ritzebüttel. Zurück bleiben viele, nicht nur von Franzosen zerschossene und abgebrannte Häuser in Ritzebüttel, Cuxhaven und Döse. Und zurück bleibt ein fast neuer, aber gelittener Leuchtturm, sowie durchstochene Deiche, um freies Schussfeld zu haben.

Was blieb war eine ruinierte Wirtschaftsstruktur, eine verschuldete, verarmte Bevölkerung und Amtsschulden i.H.v. über 300.000 Mark., wirkte die Belastung durch die fast 20 Jahre Besatzungen sich ja nicht nur direkt aus, sondern auch über Steuererhöhungen bis hin zum achtfachen. Folgen war ein Rückgang der Bevölkerung allein in den zwei letzten Kriegsjahren um über 12 % auf etwa 3.500 Personen durch Menschen, die Haus und Hof verlassen mussten, aber auch durch Flüchtlinge oder untergetauchte, sowie gepresste kriegsdienstfähige. Folge aber auch waren ein rapider Anstieg noch über viel Jahre an bettelnden und marodierenden Dieben und Diebesbanden. Folge war aber auch küstenspezifisch ein rasanter Anstieg des Schmuggelhandels mit den Engländern, über die die Franzosen auf See keine Gewalt hatten. Dieses führte vor allem für die Insel Neuwerk zu drastischen Folgen.

Herausragende Ereignisse sind:

  • 1813 die Vertreibung aller Einwohner Neuwerks samt Vieh auf Befehl des Marshalls Davoúst am 20. Juni d..J.. Binnen 4 Tagen war die Insel zu räumen. Grund dieses Befehles ist Konspiration mit den Engländern wärend der Kontinentalsperre. Es werden vertrieben: 33 Bewohner, 26 Pferde, 46 Milchkühe, 86 Stck Hornvieh, 285 Schafe, 165 Lämmer, 76 Gänse und 236 Gänsekücken. In diesem Zusammenhang werden alle Häuser der Insel eingeebnet.
  • Ebenso war vorgesehen, den Turm zu sprengen. Dieses kann im letzen Moment durch den Einspruch des Ritzebütteler Mairie Ritzebüttel|Maire, den Kaufmannes de Sarz verhindert werden.
  • Ein Inspektionsbesuch des westphälischen Königs und Bruders Napoleons, Jerome, im Schloss Ritzebüttel am 10. September 1810. Er bleibt nur für einen Tag.

Politisch strukturiert war das Amt Ritzebüttel nach dem 1. Januar 1811 als Mairie Ritzebüttel zum 1. Kanton Ritzebüttel des 4. Arrondissement Stade im Department Elbmündung (Département des Bouches de l’Elbe, kurz Bouches-de-l’Elbe (deutsch: Departement der Elbmündung(en), kurz Elbmündungsdepartement)).Es entstand als eines der drei hanseatischen Departements, aufgeteilt in die Bezirke Stade, Lüneburg und Lübeck.

Es soll aber auch nicht vergessen werden, was dem Amt Ritzebüttel und damit Cuxhaven erspart geblieben ist. So hatte Napoleon aufgrund der exponierten Lage an Meer und Flussmündung großes mit Cuxhaven vor. Es sollte zu einem Kriegshafen ausgebaut werden und es war sogar vorgesehen, landeinwärts einen Kanal zwischen Ems und Ostsee zu bauen, um von der offenen See und damit den feindlichen Engländern unabhängig zu sein.