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Dankner, Oskar

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Judenverfolgung in Cuxhaven


Oskar Dankner war einer der ersten Juden in Cuxhaven, der den antisemitischen Terror des Hitlerregimes am eigenen Leibe zu spüren bekam. Gegen ihn war eine Hetzkampagne gerichtet, die vor allem von dem so genannten `Rollkommando´ der Marine-SA vorangetrieben wurde. Sie gipfelte am 27. Juli 1933 in einer öffentlichen Anprangerung, bei der Dankner zusammen mit seiner angeblichen `Mätresse´ Adele Edelmann, einer Nichtjüdin, mit einem Schild um den Hals durch die Straßen der Stadt getrieben und dabei auch mit einem Seil geschlagen wurde. Der Weg ging von der Deichstraße durch die Neue Reihe, Marienstraße (Aufnahmeort des Bildes), Schillerstraße über die Deichstraße zur Bahnhofstraße. Dort wurde die Aktion vom damaligen Amtsleiter der Polizei, dem Polizei Inspektor Walter Lindemann (1887-1971), beendet.

Oskar Dankner war ein galizischer Jude, geboren 1890, der nach dem Ersten Weltkrieg durch die Staatenneugliederung die polnische Staatsangehörigkeit bekam. 1922 kam er als `Ostjude´ nach Cuxhaven, wo er das heutige Kino `Gloria-Palast´ erwarb. Außerdem betrieb er noch ein Wäsche- und Strumpfgeschäft.

Die gegen ihn gerichtete Verfolgungsaktion hatte Oskar Dankner bereits Anfang März 1933 dazu veranlasst, sein Kino in der Deichstraße zu verpachten. Pächter waren die Inhaber der Kammerlichtspiele, Alterweg 19 aus Cuxhaven. Richard und Wilhelm Thode. Am 3. April annoncierte Dankner dann den `Total-Ausverkauf´ seines Strumpf- und Wäschehauses. Grund hierfür war der so genannte Boykotttag der NSDAP am 1. April 1933. Es wurde u.a. vom Cuxhavener Kreisleiter Heinz Morisse dazu aufgerufen, jüdische Geschäfte strikt zu meiden. An diesem Tag blieben alles jüdisch geführten Läden geschlossen, `bewacht´ von jeweils zwei SA-Posten.

Ende April bekommt Dankner zwei Monate Haft und 50 Reichsmark Strafe wegen Fahrens mit einen unversteuerten Wagen.

Im Dezember 1933 meldet sich Dankner nach Warschau ab; seine Frau in die Tschechoslowakei.

1938 verkauft er sein Kino an den Pächter. Statt der vom Anwalt errechneten 72.000 RM bekommt er jedoch wahrscheinlich nur 14.500 RM auf ein Sperrkonto, da er in Glatz in Schlesien einsitzt. Man warf ihm Devisenschmuggel nach Polen vor. Es ging um sein Pachtgeld, welches er für das Kino bekommen hatte. Jedoch war seit 1937 die Devisenausfuhr für Nicht-Deutsche untersagt. So bekommt er 1 Jahr Gefängnis und 9.000 RM Strafe.

Am 7. Dezember 1938 verstirbt er im Alter von 48 Jahren im Glatzer Gefängnis an schwerer Lungenentzündung.

Schlusssatz des Berichtes der nationalistischen Zeitung `Aus der Nordwestecke´ vom 28. Juli 1933 unter der Überschrift "Jude und seine Dirne angeprangert":

"Dieses Vorgehen gegen den Herrn D., der verheiratet ist und dessen Frau eine achtbare Jüdin sein soll, muss sogar von rechtdenkenden Juden, die ja immer den `jüdischen Familiensinn´ betonen, durchaus gebilligt werden".

Adele Edelmann, 1910 geboren, wohnte als Verkäuferin in der so genannten Bretterkaserne, richtig Seedeichkaserne. Bereits am 31. Juli 1933 meldet sie sich ab nach Hamburg. 1936 zieht sie mit ihrem Mann nach Berlin, wo sie ein Schuhgeschäft in der Reinickendorfer Straße eröffnen. 1967 kehrt sie schwer erkrankt nach Cuxhaven zurück, wo sie noch im gleichen Jahr verstirbt.

Es war ein Fall von Spießrutenlauf und Repressalien von vielen gegen Juden in Cuxhaven. Der Cuxhavener Kreisleiter der NSDAP, Heinz Morisse wurde nach dem Kriege zu insgesamt vier Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Der ebenfalls der NSDAP angehörige seinerzeitige Bürgermeister Cuxhavens, Wilhelm Klostermann, ging straffrei aus. Er gab zu Protokoll:

"Ich möchte annehmen, dass bei Beginn des Krieges keine jüdische Familie mehr in Cuxhaven gewohnt hat. Diese Familien sind, soweit ich unterrichtet bin, vorher nach Hamburg gezogen. ... Die Juden haben ihren Besitz ordnungsgemäß verkauft".

Stolperstein

Am 13. Oktober 2012 wurde für Oskar Dankner ein Stolperstein in der Deichstraße 20 verlegt.

Quelle

  • Hans-Jürgen Kahle: `Dokument der Schande´ in: Die Spitze, April 1994

Nachtrag

Das obige Bild ging 1933 um die Welt. Es ist eines der Bilder in dem Buch: `Die großen Fotos des Jahrhunderts´ und war Thema einer Sendung im ZDF vom 13. April 1994 in der Reihe `Bilder, die Geschichte machten´. Frauke Dettmer hat in ihrem Text auch die Namen der Männer genannt, die diesem Rollkommando der SA angehörten. Es sind dies (v.l.n.r.) Ewald Poehlemann, Ferdinand Schütz, Friedrich Koslowski, Heinrich Weissenstein, Eduard Schöller, Max Seyfahrt und Heinz Morisse. Das Foto stammt von einem Cuxhavener Berufsfotografen T. (Frauke Dettmer, Anmerkung 10). Mit dabei der Trompeter Kröncke, der bei Dankner als Filmvorführer gearbeitet hatte. (Frauke Dettmer, Ein Foto und seine Geschichte, aus dem Buch Männer vom Morgenstern). Laut Cuxhavener Adressbuch gibt es 1933 nur einen Berufsfotografen, dessen Nachname mit einem T beginnt. Das ist Rudolf Thode, der 1933 sein Photo Atelier in der Deichstrasse 7 a betrieb. Das Haus in der Marienstrasse 50, vor dem das Foto aufgenommen wurde, hat eine denkwürdige Geschichte, die dem Adressbuch von Cuxhaven (Strassenverzeichnis) entnommen werden kann. 1933 ist dort das Hotel und Restaurant "Vier Jahreszeiten" von Bernhard Schmidt eingetragen. Ein Jahr später ist dort die NSDAP mit ihrem Kreisleiter Pg. Heinz Morisse und dem stellv. Kreisleiter Pg. Bernhard Schmidt eingezogen. So wird aus dem Hotel und dem Restaurant "Vier Jahreszeiten" das "Karl Kaufmann Haus" der NSDAP. (Adressbuch 1934 Amt Ritzebüttel). Der Zeitungsausschnitt, in dem von dem Rollkommando und ihrem Einsatz am 27. Juli 1933 berichtet wird, findet sich in der Ausgabe vom 28. Juli 1933 in der Cuxhavener Zeitung. (nach Frauke Dettmer). Wann Oskar Dankner das Haus in der Deichstraße 20 gekauft hat, ist aus den im Netz bereit gestellten Adressbüchern nicht zu entnehmen. Die Grundstückseigentümer sind nur in den Strassenverzeichnissen benannt. Von 1922-1924 fehlen diese Seiten im Netz (bei Agora). Erst ab 1927 ist Dankner als Grundstückseigentümer für das Haus Deichstraße 20 eingetragen. Das Haus hat drei Wohnungen, einen Schuhwarenladen (Düring G.) und das Kino. Gekauft hat er das Haus von der Vorbesitzerin Frau Emmeline Wist. Die Familie Wist betrieb das Kino mindestens seit 1919. So weit konnte ich das anhand der Adressbücher zurück verfolgen. Der Eintrag 1919 lautet: Wist, Jo. Deichstrasse 20. Lichtspielhaus. 1921 lautet der Eintrag: Wist, Johs. Lichtspielhaus, Deichstr. 20. Johannes Wist und Emmeline Wist werden als Betreiber genannt. Die Information, wie der Polizeioffizier heisst, der diesen Zug gestoppt hat, stammt von der Enkelin des Polizeioffiziers Walter Lindemann. Der Mann war ihr Opa.