Stockanker
Der Stockanker - auch Admiralitätsanker genannt - ist ein klassischer Anker, der besonders bei älteren Schiffen, z. B. Traditionsschiffen verwendet wird.
Inhaltsverzeichnis
Der Stockanker – Technik, Verwendung und historische Bedeutung
Form und konstruktiver Aufbau
Der **Stockanker** ist eine klassische Ankerform, die sich über Jahrhunderte hinweg als Standard im Schiffbau durchgesetzt hat. Seine Gestalt ist funktional darauf ausgelegt, sich im Meeres- oder Flussboden festzusetzen und dem Schiff dadurch Halt zu geben.
Die wesentlichen Bestandteile sind:
- Schaft (Ankerschaft): Ein gerader, meist schmiedeeiserner Stab, der das Rückgrat des Ankers bildet. Am oberen Ende befindet sich der **Ankerwirbel** oder **Ankerbügel**, eine ring- oder bügelartige Befestigungsmöglichkeit für die Kette oder Leine.
- Arme: Am unteren Ende des Schafts gehen zwei seitlich abgewinkelte Arme ab.
- Flunken: Die spitzen Enden der Arme, die sich in den Grund eingraben. Die Flunken sind oft leicht verbreitert, um die Haltekraft zu erhöhen.
- Stock: Ein quer zum Schaft angebrachter Balken (ursprünglich aus Holz, später auch aus Eisen). Er liegt in einer Ebene senkrecht zu den Armen. Durch diese Anordnung kippt der Anker beim Aufsetzen so, dass mindestens eine Flunke zuverlässig in den Grund greift.
Typisch für den Stockanker ist sein symmetrisches Erscheinungsbild. Je nach Dimension konnte er von Hand oder mithilfe von Hebezeugen bewegt werden. Bei Großseglern des 18. und 19. Jahrhunderts erreichten Stockanker Gewichte von mehreren Tonnen.
Wirkungsweise und Verwendungszweck
Der Stockanker nutzt ein einfaches, aber hochwirksames Prinzip:
- 1. Beim Fieren (Ausgeben) sinkt der Anker mit hängender Kette zum Grund.
- 2. Der Stock zwingt den Anker beim Aufsetzen in eine seitliche Lage.
- 3. Dadurch wird mindestens eine Flunke in Richtung des Grundes gedrückt.
- 4. Sobald Zug auf die Kette kommt, gräbt sich diese Flunke in den Boden ein und erzeugt Haltekraft.
Die Haltekraft eines Stockankers ist beträchtlich, da die Flunke tief in weichen oder sandigen Untergrund eindringen kann. Besonders effektiv ist er auf:
- Sandböden
- Schlickböden
- Kiesigem Untergrund
Weniger geeignet ist er auf felsigem oder sehr hartem Boden, da die Flunken dort kaum greifen können.
Ein Nachteil ist seine Handhabung an Bord: Der hervorstehende Stock erschwert das Verstauen und verlangt mehr Platz als kompaktere Ankerformen. Moderne Schiffe nutzen daher meist Patentanker wie Hall-, Admiralty- oder Danforth-Anker. Dennoch wird der Stockanker noch heute als Reservezanker auf Segel- und Traditionsschiffen mitgeführt.
Geschichte und Entwicklung
Die Wurzeln des Stockankers reichen in die frühe Seefahrtsgeschichte zurück.
- Antike: Erste Vorläufer bestanden aus Holz, beschwert mit Stein oder Blei. Schon griechische und römische Schiffe nutzten ankerähnliche Geräte, um Halt am Grund zu finden.
- Mittelalter: Mit der Weiterentwicklung des Schmiedehandwerks entstanden vollwertige Stockanker aus Eisen. Diese prägten die Schifffahrt der Hansezeit, der großen Entdeckungsreisen und der Segelkriegsschifffahrt.
- Frühe Neuzeit (16.–18. Jahrhundert): Stockanker wurden standardisiert und in Massen für Handels- und Kriegsschiffe hergestellt. Auf Dreimastern führte man oft mehrere große Stockanker als Hauptanker mit.
- 19. Jahrhundert:** Mit zunehmender Größe der Schiffe erreichten Stockanker enorme Dimensionen. Gleichzeitig begann die Suche nach kompakteren Ankerformen, die leichter an Bord gehandhabt und verstaut werden konnten.
- 20. Jahrhundert: Der Stockanker wurde allmählich von moderneren Ankerbauarten abgelöst. In der Handelsschifffahrt spielt er kaum noch eine Rolle, in der Sportschifffahrt nur noch als Zweitanker. Seine historische Bedeutung und Symbolkraft blieben jedoch erhalten.
- Symbolik und kulturelle Bedeutung
Über seine praktische Funktion hinaus wurde der Stockanker zum Symbol der Seefahrt. Noch heute ist er in Logos, Flaggen, Orden und Wappen präsent. Er steht für:
- Beständigkeit und Sicherheit
- Hoffnung und Halt
- Tradition und maritime Kultur
In der christlichen Symbolik wird der Anker als „Symbol der Hoffnung“ verstanden (vgl. Hebräer 6,19). Auch in der Heraldik und in der Freimaurertradition findet der Stockanker bis heute Verwendung.
Zusammenfassung
Der Stockanker ist ein technisches Meisterstück der frühen Schifffahrtsgeschichte: robust, zuverlässig und wirkungsvoll. Obwohl er in der modernen Seefahrt weitgehend durch platzsparendere Anker ersetzt wurde, bleibt er als maritimes Wahrzeichen und als praktischer Reservezanker von Bedeutung. Seine Form, Funktion und Symbolik haben die Geschichte der Schifffahrt über Jahrtausende geprägt.