Cuxpedia sucht Bilder aus Ihrem Fotoalbum. Sie können uns helfen. Mehr...

Gräfe

Aus cuxpedia
Wechseln zu: Navigation, Suche

Der Gräfe war im Land Hadeln, zu dem die jetzigen Cuxhavener Ortsteile Altenbruch und Lüdingworth Jahrhunderte gehörten, ein vom Landesherrn eingesetzter Amtsträger. Er ist nicht mit Grafen oder Deichgrafen zu verwechseln.

Im Land Hadeln waren die Verwaltungsorgane wie auch die Amts- und Mandatsträger in Justiz und Verwaltung meist identisch. Dies lag daran, dass es seit dem Mittelalter bis zur Neuzeit eine wirkliche Trennung, wie wir sie heute kennen, von Justiz und Verwaltung nicht gegeben hat. Im Bereich der Kirchspiele bzw. Kirchspielsgerichte trifft dieses z. B. auf die Schultheißen und die Schöffen oder Landschöffen zu. Auch die Vertreter des Landesherrn, die Gräfen, hatten gleichzeitig Aufgaben der Verwaltung und der Justiz (Rechtsprechung) wahrzunehmen, oft hatten sie auch militärische Vorgesetztenfunktionen.

Der Gräfe im Lande Hadeln als Vertreter des herzoglichen Landesherrn war darüber hinaus Vermittler zwischen dem Landesherrn und den Kirchspielen des Landes Hadeln. Er sollte auch die Anweisungen und Verordnungen des Landesherrn in den Kirchspielen durchsetzen.

Als Vertreter des Landesherrn hatte er weiterhin die Aufgabe, den Landesherrn zu repräsentieren. Dies tat er z.B. im Jahre 1614, als er bei der Aufstellung eines neuen Galgens auf dem Medemdeich anwesend war und damit die Zuständigkeit des Herzogs als Gerichtsherr unterstrich.

Nicht alle Gräfen waren ausschließlich demütig dem Herzog gegenüber. So wurden im 17. Jahrhundert wegen Differenzen zwischen Gräfen und Herzog Gräfen abgesetzt und teilweise auch enteignet, wie im Fall des Gräfen Johan beym Graben nachgewiesen ist. In der Hadler Chronik von Rüther ist in einer Verordnung des Herzogs Julius Franz[1] vom 6. Januar 1678 nachzulesen, welche Aufgaben die Gräfen wahrnehmen sollten.

Beispiele aus dieser Verordnung:

  • das Recht, bei Verwandschaft im dritten Grade das Eheverbot aufzuheben,
  • die Pflicht, ihm alle Ertrunkenen zu melden, um ggf. zu untersuchen, ob ein Verbrechen vorliegt,
  • das Recht, die Schweinetrift auf Kirchhöfen zu verbieten,
  • das Recht, Anordnungen gegen das öffentliche Tabakrauchen zu erlassen.

Ein langjähriger Gräfe, Hans Nicolaus Fuchs, dessen Amtszeit 23 Jahre bis 1644 dauerte, liegt in der St.-Jacobi-Kirche zu Lüdingworth begraben.

Während das Land Hadeln an Hamburg verpfändet war, wurde der Gräfe auch von den Hamburger Ratsherrn eingesetzt. Sofort nach dem Ende der Verpfändung bestimmte aber der Herzog erneut den Gräfen.

Entgegen den Ämtern der Deichgrafen und Schultheißen in Ritzebüttel sowie der Schultheißen in den Kirchspielen des Landes Hadeln, die in abgewandelter Form weiter existieren, hat sich das Amt des Gräfen mit der Trennung von Verwaltung und Justiz aufgelöst.


Quelle

Hans-Eckhard Dannenberg und Heinz-Joachim Schulze (Hrsg.): Geschichte des Landes zwischen Elbe und Weser, Band II, Mittelalter, Stade 1995, ISBN 3-980 1919-8-2


Fußnoten

  1. Julius Franz von Sachsen-Lauenburg (* 16. September 1641 in Prag; †  30. September 1689 in Reichstadt (jetzt Zákupy im Kreis Česka Lipa in der Tschechischen Republik) nach seinem Tod gelangten seine Ländereien in Besitz der Welfen