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Hallig: Unterschied zwischen den Versionen

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Bedingt durch das Fehlen eines Schutzdeiches kommt es vielfach (ca. 10 - 15 x pro Jahr) zu Überflutungen des Halliglandes. Von diesen so genannten `Landunter´ lebt die Hallig. Sie spülen neuen Kleiboden (Schlick) auf die Wiesenflächen, was a) Nährstoffe für den Boden mitbringt und b) das Halligland aufhöht. Dieses sichert bis heute teilweise den Bestand der Hallig gegen die ständig ansteigende Meereshöhe. Auf Hallig Hooge hat man rings um die Hallig mittlerweile einen Sommer- oder auch Schafdeich gezogen, um die häufigen kleineren Überflutungen abzuwehren. Dieses hat jedoch den Nachteil, dass das Land auf die Dauer weniger aufgehöht wird. Außerdem steht das Wasser über längere Zeit wie in einer Badewanne auf der Hallig, wenn sie in einer Surmflut einmal vollgelaufen ist, was jährlich geschieht.
 
Bedingt durch das Fehlen eines Schutzdeiches kommt es vielfach (ca. 10 - 15 x pro Jahr) zu Überflutungen des Halliglandes. Von diesen so genannten `Landunter´ lebt die Hallig. Sie spülen neuen Kleiboden (Schlick) auf die Wiesenflächen, was a) Nährstoffe für den Boden mitbringt und b) das Halligland aufhöht. Dieses sichert bis heute teilweise den Bestand der Hallig gegen die ständig ansteigende Meereshöhe. Auf Hallig Hooge hat man rings um die Hallig mittlerweile einen Sommer- oder auch Schafdeich gezogen, um die häufigen kleineren Überflutungen abzuwehren. Dieses hat jedoch den Nachteil, dass das Land auf die Dauer weniger aufgehöht wird. Außerdem steht das Wasser über längere Zeit wie in einer Badewanne auf der Hallig, wenn sie in einer Surmflut einmal vollgelaufen ist, was jährlich geschieht.
  
Um auf einer Hallig leben zu können, werden wegen des häufigen Landunters Häuser auf [[Wurt]]en, in Nordfriesland "Warften" genannt, gebaut. Je nach Anforderung kann ein solcher Wohnhügel einzelne Wohnstellen oder, wie auf Oland, die gesamte `Dorfgemeinschaft´, einschließlich der Kirche, beherbergen. Der römische Geschichtsschreiber Plinius d.Ä. berichtet schon 77 n. Chr. von einer Schiffsreise, die ihn vom Rhein vermutlich bis in die Unterelbe führte: "''Im Norden haben wir den Volksstamm der Chauken gesehen, welche die großen und die kleinen heißen. Da treibt auf ungeheurer Strecke, zwei Mal in den Abschnitten jedes Tages und jeder Nacht, unermeßlich sich ergießend der Ocean, so daß er einen ewigen Streit der Natur zudeckt; und zweifeln möchte man, ob das Gebiet des Landes sei, oder des Meeres. Dort sitzt ein elendes Volk auf hohen Hügeln, oder mit Händen gebauten Erdhaufen'' (Wurt)''; indem man, nach der Erfahrung der höchsten Fluth, Hütten darauf stellt: Schiffenden gleich, wenn die Gewässer die Umgegend bedecken: Schiffbrüchigen aber, wenn sie sich verlaufen haben; da man denn die mit dem Meere fliehenden Fische um die Wohnungen her fängt. Sie können nicht, wie die Nachbaren, Vieh halten, noch sich von Milch nähren; können nicht einmal mit wilden Thieren kämpfen, weil alles Gebüsch weit entfernt ist. Aus Schilf und Sumpf-Binsen flechten sie Stricke, um den Fischen Netze zu stellen, und indem sie mit Händen ergriffenen Koth'' (Rinderfladen) ''durch die Winde mehr, als durch die Sonne trocknen, erhitzen sie mit Erde'' (Torf) ''ihre Speisen und ihre vom Nordwinde starrenden Eingeweide. Getränk haben sie nur vom Regen, welchen sie durch Gruben'' (Fething) ''aufbewahren im Vorplatze des Hauses. Und diese Leute meinen, wenn sie jetzt von den Römern besiegt würden, in Knechtschaft zu gerathen! Fürwahr, so ist’s: Viele verschont das Geschick zur Strafe.''" <ref>Naturgeschichte, Buch 16, Kap. 1</ref> Vieles dieser lange vor der Entstehung der Halligen verfassten Beschreibung der Küstenmarschen hat sich auf den Halligen bis ins 20. Jahrhundert erhalten. Erst nach dem zweiten Weltkrieg ist mit dem Anschluss an die Versorungsnetze und dem Einsetzen des (Massen-) Tourismus die Moderne eingezogen. <br>
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Um auf einer Hallig leben zu können, werden wegen des häufigen Landunters Häuser auf [[Wurt]]en, in Nordfriesland "Warften" genannt, gebaut. Je nach Anforderung kann ein solcher Wohnhügel einzelne Wohnstellen oder, wie auf Oland, die gesamte `Dorfgemeinschaft´, einschließlich der Kirche, beherbergen. Der römische Geschichtsschreiber Plinius d.Ä. berichtet schon 77 n. Chr. von einer Schiffsreise, die ihn vom Rhein vermutlich bis in die Unterelbe führte: "''Im Norden haben wir den Volksstamm der Chauken gesehen, welche die großen und die kleinen heißen. Da treibt auf ungeheurer Strecke, zwei Mal in den Abschnitten jedes Tages und jeder Nacht, unermeßlich sich ergießend der Ocean, so daß er einen ewigen Streit der Natur zudeckt; und zweifeln möchte man, ob das Gebiet des Landes sei, oder des Meeres. Dort sitzt ein elendes Volk auf hohen Hügeln, oder mit Händen gebauten Erdhaufen'' (Wurt)''; indem man, nach der Erfahrung der höchsten Fluth, Hütten darauf stellt: Schiffenden gleich, wenn die Gewässer die Umgegend bedecken: Schiffbrüchigen aber, wenn sie sich verlaufen haben; da man denn die mit dem Meere fliehenden Fische um die Wohnungen her fängt. Sie können nicht, wie die Nachbaren, Vieh halten, noch sich von Milch nähren; können nicht einmal mit wilden Thieren kämpfen, weil alles Gebüsch weit entfernt ist. Aus Schilf und Sumpf-Binsen flechten sie Stricke, um den Fischen Netze zu stellen, und indem sie mit Händen ergriffenen Koth'' (Rinderfladen) ''durch die Winde mehr, als durch die Sonne trocknen, erhitzen sie mit Erde'' (Torf) ''ihre Speisen und ihre vom Nordwinde starrenden Eingeweide. Getränk haben sie nur vom Regen, welchen sie durch Gruben'' (Fething) ''aufbewahren im Vorplatze des Hauses. Und diese Leute meinen, wenn sie jetzt von den Römern besiegt würden, in Knechtschaft zu gerathen! Fürwahr, so ist’s: Viele verschont das Geschick zur Strafe.''" <ref>Naturgeschichte, Buch 16, Kap. 1</ref> Vieles dieser lange vor der Entstehung der Halligen verfassten Beschreibung der Küstenmarschen hat sich auf den Halligen bis ins 20. Jahrhundert erhalten. Erst nach dem zweiten Weltkrieg ist mit dem Anschluss an die Versorgungsnetze und dem Einsetzen des (Massen-) Tourismus die Moderne eingezogen. <br>
 
Nachteil dieser Wurtenbebauung ist, dass diese in regelmäßigen Abständen, analog zu den Festlanddeichen, erhöht werden müssen, um mit dem Meeresanstieg Schritt zu halten. Um hier den alten Hof auf der Hamburger Hallig erhalten zu können, wurde dieser mittlerweile mit einem Ringdeich umgeben.
 
Nachteil dieser Wurtenbebauung ist, dass diese in regelmäßigen Abständen, analog zu den Festlanddeichen, erhöht werden müssen, um mit dem Meeresanstieg Schritt zu halten. Um hier den alten Hof auf der Hamburger Hallig erhalten zu können, wurde dieser mittlerweile mit einem Ringdeich umgeben.
  

Version vom 1. September 2010, 17:34 Uhr

Unter Halligen versteht man im Wattenmeer der Nordseeküste, zumeist in Nordfriesland gelegene, überwiegend bewohnte "Kleinstinseln".

Es gibt keine feste Definition für Hallig. Zur Charakteristik einer Hallig wird gerechnet, dass

Dabei kann es aber geschehen, dass sich eine Sandbank an die Hallig anlagert oder sie sogar überläuft (s. Trischen).

Bedingt durch das Fehlen eines Schutzdeiches kommt es vielfach (ca. 10 - 15 x pro Jahr) zu Überflutungen des Halliglandes. Von diesen so genannten `Landunter´ lebt die Hallig. Sie spülen neuen Kleiboden (Schlick) auf die Wiesenflächen, was a) Nährstoffe für den Boden mitbringt und b) das Halligland aufhöht. Dieses sichert bis heute teilweise den Bestand der Hallig gegen die ständig ansteigende Meereshöhe. Auf Hallig Hooge hat man rings um die Hallig mittlerweile einen Sommer- oder auch Schafdeich gezogen, um die häufigen kleineren Überflutungen abzuwehren. Dieses hat jedoch den Nachteil, dass das Land auf die Dauer weniger aufgehöht wird. Außerdem steht das Wasser über längere Zeit wie in einer Badewanne auf der Hallig, wenn sie in einer Surmflut einmal vollgelaufen ist, was jährlich geschieht.

Um auf einer Hallig leben zu können, werden wegen des häufigen Landunters Häuser auf Wurten, in Nordfriesland "Warften" genannt, gebaut. Je nach Anforderung kann ein solcher Wohnhügel einzelne Wohnstellen oder, wie auf Oland, die gesamte `Dorfgemeinschaft´, einschließlich der Kirche, beherbergen. Der römische Geschichtsschreiber Plinius d.Ä. berichtet schon 77 n. Chr. von einer Schiffsreise, die ihn vom Rhein vermutlich bis in die Unterelbe führte: "Im Norden haben wir den Volksstamm der Chauken gesehen, welche die großen und die kleinen heißen. Da treibt auf ungeheurer Strecke, zwei Mal in den Abschnitten jedes Tages und jeder Nacht, unermeßlich sich ergießend der Ocean, so daß er einen ewigen Streit der Natur zudeckt; und zweifeln möchte man, ob das Gebiet des Landes sei, oder des Meeres. Dort sitzt ein elendes Volk auf hohen Hügeln, oder mit Händen gebauten Erdhaufen (Wurt); indem man, nach der Erfahrung der höchsten Fluth, Hütten darauf stellt: Schiffenden gleich, wenn die Gewässer die Umgegend bedecken: Schiffbrüchigen aber, wenn sie sich verlaufen haben; da man denn die mit dem Meere fliehenden Fische um die Wohnungen her fängt. Sie können nicht, wie die Nachbaren, Vieh halten, noch sich von Milch nähren; können nicht einmal mit wilden Thieren kämpfen, weil alles Gebüsch weit entfernt ist. Aus Schilf und Sumpf-Binsen flechten sie Stricke, um den Fischen Netze zu stellen, und indem sie mit Händen ergriffenen Koth (Rinderfladen) durch die Winde mehr, als durch die Sonne trocknen, erhitzen sie mit Erde (Torf) ihre Speisen und ihre vom Nordwinde starrenden Eingeweide. Getränk haben sie nur vom Regen, welchen sie durch Gruben (Fething) aufbewahren im Vorplatze des Hauses. Und diese Leute meinen, wenn sie jetzt von den Römern besiegt würden, in Knechtschaft zu gerathen! Fürwahr, so ist’s: Viele verschont das Geschick zur Strafe." [1] Vieles dieser lange vor der Entstehung der Halligen verfassten Beschreibung der Küstenmarschen hat sich auf den Halligen bis ins 20. Jahrhundert erhalten. Erst nach dem zweiten Weltkrieg ist mit dem Anschluss an die Versorgungsnetze und dem Einsetzen des (Massen-) Tourismus die Moderne eingezogen.
Nachteil dieser Wurtenbebauung ist, dass diese in regelmäßigen Abständen, analog zu den Festlanddeichen, erhöht werden müssen, um mit dem Meeresanstieg Schritt zu halten. Um hier den alten Hof auf der Hamburger Hallig erhalten zu können, wurde dieser mittlerweile mit einem Ringdeich umgeben.

Da es auf den Halligen keine Süßwasservorkommen gibt (nahe Langeness gibt es eine Süßwasserquelle im Watt), werden sie heute teilweise vom Festland durch Leitungen versorgt. Gleiches gilt für die Spannungsversorgung. Herkömmlich hatten die Halligen auf der Wurt einen Teich, Fething genannt, in dem das gesamte Regenwasser von den Hausdächern gesammelt wurde. Aus diesem wurde das Vieh mit Trinkwasser versorgt. Ein zusätzlich abgetrennter Bereich, der so genannte Sood, diente der Versorgung der Bewohner. Katastrophal für Mensch und Tier war früher das Eindringen von Salzwasser in die Trinkwasservorräte bei Sturmflut. Nach der schweren Sturmflut von 1962 mussten sämtliche Halligen mit Wasserbooten versorgt werden.

Die Entstehung der Halligen geht zurück auf die für Nordfriesland verheerenden Sturmfluten von 1362 und 1634, in denen die einstmals große Insel Strand zerrissen worden ist zu den heutigen Überbleibseln Pellworm, Nordstrand und einem Teil der Halligen. Teilweise finden sich heute noch Kulturspuren aus der Zeit vor den Katastrophen im Watt (Ackerspuren, Brunnenreste, Fundamente...). Was für das Cuxhavener Watt vermutet wird, in Nordfriesland ist es geschichtlich belegt, dass das gesamte Wattenmeer einmal Festland war.
Die Entstehungsgeschichte der Halligen unterscheidet sich insofern, als es sich um neu aufgespültes Land handeln kann, also gewachsenen Boden, wie bei Hallig Südfall, unter der sich alte Kulturspuren finden (es wird vermutet, dass es sich um Überreste der Siedlung Rungholt handelt), oder, wie bei Lüttmoor (Nordstrandischmoor) oder der Hamburger Hallig, um Überreste des ehemaligen Festlandes.

In Nordfriesland sind von ehemals geschätzt (es gibt nur Vermutungen) etwa 100 Halligen heute noch 10 verblieben. Die restlichen Halligen sind untergegangen, mit anderen vereinigt (Langeness besteht aus ehemals 3 Halligen) oder landfest gemacht, wie z.B. die Hamburger Hallig, Dagebüll oder viele andere. Zuweilen finden sich die Hallig-Ursprünge heute noch in Ortsnamen im Inland wieder. (Orte wie Bredtstedt, Leck oder Tondern waren früher Hafenstädte.)
In Dänemark gibt es nach dem Verlust der Hallig Jordsand nur noch die Hallig Langli nahe Esbjerg.

Den obigen Merkmalen entsprechend, war bis zu seiner Eindeichung auch Neuwerk eine Hallig, ebenso wie heute Trischen in nächster Nachbarschaft Cuxhavens, wobei die Bezeichnung, abgesehen von der Dithmarscher Hallig Helmsand, nur in Nordfriesland geläufig ist.

Zukunft der Halligen

Praktisch seit 1362 kann man beobachten, dass das Watt Nordfrieslands einer starken Erosion unterliegt. Seit dem Einfall der Nordsee in das ehemalige Festland nehmen die Wattenpriele beständig an Tiefe und Breite zu, sodass man heute mittlerweile von Strömen reden kann. Konnte man noch vor einhundert Jahren bei 75 cm Wassertiefe zu Fuß durch den Übergang der Norderhever in die Süderaue gehen, so fahren dort heute Schiffe durch 5 - 6 Meter tiefes Wasser, während die Norderhever sich im Bereich von Pellworm ein Flussbett von stellenweise 25 m Tiefe geschaffen hat. Da es anzunehmen ist, dass dieser Trend sich kaum aufhalten lassen wird, kann davon ausgegangen werden, dass irgendwann weitere große Teile des heutigen Wattengebietes abgetragen sein werden und mit ihnen zumindest ein Teil der Halligen - wenn diese nicht schon vorher dem zunehmend schnelleren Meeresanstieg zum Opfer gefallen sind, weil der Meeresspiegel schneller angestiegen ist als die Halligen durch "Landunter" aufwachsen konnten.


Fußnoten

  1. Naturgeschichte, Buch 16, Kap. 1