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Eisbrecher

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IN BEARBEITUNG!

Eisbrecher [1] sind Schiffe mit sehr stabiler Außenhaut (verstärkter Rumpf), spezieller Rumpfform und besonders starken Antriebsmaschinen zum Befahren zugefrorener See bzw. zugefrorener Flüsse.

Allgemeines

Moderne Eisbrecher sollen nicht nur das Eis brechen sondern die gebrochenen Eisstücke unter oder über das Festeis schieben, damit möglichst lange eine offene Fahrrinne verbleibt. Die Art des Eisbrechens ist im Abschnitt 4 der Entwicklungen in der Schiffstechnik und ihre Anwendung in der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung (WSV) beschrieben (siehe Weblink "WSV: Entwicklung in der Schiffstechnik").
Eisbrecher werden nach Eisklassen eingestuft. Eisklassen sind nationale Kategorien der Eisfestigkeit (Eisverstärkung) von Schiffen. Deutschland, Kanada, Russland, Skandinavien (Norwegen, Schweden, Finnland - auch als skandinavische Eisklassen bezeichnet) und die USA haben Eisklassen entsprechend den regionalen Umweltbedingungen festgelegt. Außerdem hat die IACS[2] die Polarklassen definiert: Requirements concerning POLAR CLASS. Diese Bedingungen werden bei Bedarf aktualisiert. Sie beziehen sich nicht nur auf die Einsatzbedingungen.Die o. g. Requirements beinhalten außerdem Festlegungen zur Schiffkonstruktion und zu den Antriebsmaschinen. Diese Polarklassen werden für Schiff seit dem 1. Juli 2007 angewandt (Zeitpunkt = Abschluss des Bauvertrags). Die IMO[3] hat den Polar Code[4], der am 1. Januar 2017 in Kraft trat. Der Polar Code stützt sich auf die IACS-Polarklassen. Er gilt für fast alle Schiffe ab einer Bruttoraumzahl (BRZ) von 500, die jenseits des nördlichen und südlichen 60.Bretengrades fahren[5]. Die Einstufung erfolgt in den Kategorien A, B oder C. Der Polar Codeumfasst mehr Kriterien als die nationalen Eisklassen. Beim Polar Code werden die Eisbedingungen, d. h. die Abhängigkeiten von der Ausdehnung der Eisdecke, Dicke, Dichte und Alter des Eises besser berücksichtigt. Außerdem beinhaltet er u. a. die Betriebssicherheit des Schiffes unter polaren Bedingungen, Routenplanung, satellitenunabhängige Kommunikationseinrichtungen, Crew-Training, die Fähigkeit längere Zeit ohne externe Hilfe auszukommen sowie Meeres- und Umweltschutzkriterien. Der Schiffssicherheitsausschuss MSC der IMO hat 2016 das Rundschreiben 1519 "Anleitung für Methoden zur Beurteilung der Möglichkeiten und beschränkungen beim Einsatz im Eis" herausgegeben. Diese Anleitung ist ein Instrument zur Unterstützung der Entscheidungsfindung.
Das BSH[6] gibt auf der Homepage im Zeitraum zwischen Ende November und Anfang Juni Eisberichte für die Planung und Durchführung der Eisschifffahrt in Ost- und Nordsee heraus.

Historie

CITY ICE BOAT NO. 1

Eine Historie der Eisbrecher wird hier hauptsächlich am Beispiel Finnlands kurz dargestellt.
Als ältester Eisbrecher gilt CITY ICE BOAT NO. 1. Das Schiff - ein hölzerner Seitenraddampfer mit blechverstärktem Rumpf - wurde in Philadelphia/USA als Eisbrecher und Schleppdampfer eingesetzt.

Schiffsdaten CITY ICE BOAT NO. 1
Indienststellung 1837
Länge ü.a. 53 m
Breite 8 m
Antrieb 2 * 184 kW (2 * 250 PS)
Außerdienststellung 1917 (verschrottet)

COMITÉ EISBRECHER NO. 1

Nach mehreren Wintern mit Eisgang auf der Elbe ließ die Stadt Hamburg den Eisbrecher COMITÉ EISBRECHER NO. 1 bauen, der im Winter 1871/1872 als erster deutscher Eisbrecher in Dienst gestellt wurde. 1918 erfolgte die Umbenennung in EISFUCHS.

Schiffsdaten COMITÉ EISBRECHER NO. 1
Indienststellung 1871
Länge ü.a. 40,50 m
Breite 9,75 m
Vermessung 570 BRT
Antrieb 480 kW (653 PS)
Geschwindigkeit 10,5 Knoten (19 km/h)
Außerdienststellung 1956 (verschrottet)

MURTAJA

Der erste staatliche Eisbrecher Finnlands war die MURTAJA, die in Stockholm gebaut wurde. Die MURTAJA wird als Urtyp der finnischen Eisbrecherflotte angesehen.

Schiffsdaten MURTAJA
Indienststellung 1890
Länge ü.a. 47,6 m
Breite 11,0 m
Vermessung 676 BRT
Antrieb 1.200 kW (1.630 PS)
Geschwindigkeit 12,5 Knoten (23 km/h)
Außerdienststellung 1958

YERMAK

Der erste für Polarregionen geeignete Eisbrecher war die YERMAK[7], die in Newscastle am Tyne/Region Nord-Ost-England für Russland gebaut wurde.

Schiffsdaten YERMAK
Indienststellung 1899
Länge ü.a. 97.5 m
Breite 21,6 m
Vermessung 8.730 BRT
Tiefgang 7,3 m
Antrieb 6.700 kW (9.100 PS)
Geschwindigkeit 12 Knoten (22 km/h)
Außerdienststellung 1963 (1964 verschrottet)

TARMO

Die finnischen Behörden waren mit der Leistungsfähigkeit des Eisbrechers MURTAJA nicht zufrieden und bestellten in Newcastle/England ein neues Exemplar. Die TARMO war über 60 Jahre aktiv. Nach der Außerdienststellung erfolgte die Nutzungsänderung als Museum in Kotka/Finnland. Somit ist die TARMO der älteste noch bestehende Eisbrecher Finnlands.

Schiffsdaten TARMO
IMO-Nr. 5352898
Indienststellung 1908
Länge ü.a. 67,1 m
Breite 14,3 m
Vermessung 1.574 BRT
Geschwindigkeit 13 Knoten (24 km/h)
Außerdienststellung 1970 (seit 1992 Museumsschiff)

MERCATOR

1910 gab es den ersten in Finnland gebauten Eisbrecher MERCATOR. Das Schiff wurde auf der Helsingfors Skeppsdocka[8], Helsinki gefertigt.

KRASIN ex SWJATOGOR

Die Werft W. G. Armstrong, Whitworth & Co. ltd. in Newcastle upon Tyne baute von 1916 bis 1917 den Eisbrecher SWJATOGOR im Auftrag des russischen Marineminsteriums.

Schiffsdaten SWJATOGOR
IMO-Nr. 5196402
Indienststellung 1917
Länge ü.a. 99,8 m
Breite 21,65 m
Vermessung BRT
Tiefgang 7,88 m
Antrieb 7.400 kW (10.000 PS)
Geschwindigkeit 9,6 Knoten (18 km/h)
Außerdienststellung 1972

Während des russischen Bürgerkrieges wurde die SWAJATOGOR 1919 von den Briten konfisziert. Zwei Jahre später kauften die Russen das Schiff zurück, tauften es um auf den Namen KRASIN und setzten sie als Eisbrecher und Rettungsschiff in arktischen Gewässern ein.
Unter diesem Namen wurde der Eisbrecher für seine Rettungseinsätze bekannt. Als 1928 das deutsche Passagierschiff MONTE CERVANTES[9] vor Spitzbergen bei einer Kollision mit einem Eisberg leckgeschlagen war, führte der Eisbrecher einen erfolgreichen Rettungseinsatz durch. Kurz danach stürzte das Luftschiff ITALIA am 25. Mai 1928 in der Nähe von Spitzbergen ab. Zehn Expeditionsmitglieder befanden sich auf einer Eisscholle. Die einzige Rettungsmöglichkeit (per Schiff) war die KRASIN, die ihre Fähigkeiten auch hier bewies.
Jetzt kann der Eisbrecher als Museumsschiff in St. Petersburg besichtigt werden.

STETTIN

Eisbrecher STETTIN 2006

Zu den bekanntesten Eisbrechern in Deutschland zählt die STETTIN, die jetzt als funktionierendes technisches Denkmal in Hamburg-Oevelgönne oder auf maritimen Events zu sehen ist.

WAL

Fast so bekannt wie die STETTIN ist der Eisbrecher WAL, der ebenfalls bei den Oderwerken, Stettin gebaut wurde.

Schiffsdaten WAL
IMO-Nr. 8862662
Länge ü.a. 50,0 m
Breite 12,34 m
Vermessung 662 BRT
Tiefgang 5,25 m (achtern)
Antrieb 1.630 kW (1.200 PS)
Geschwindigkeit 11,5 Knoten (21 km/h)
Besatzung 1941: 38-41; 1963: 21; 1965: 13; 2025: 6
Außerdienststellung 1990

Am 5. Mai 1938 war Taufe und Stapellauf in Stettin. Die Ablieferung an das Wasserstraßenmaschinenamt Rendsburg erfolgte am 20. Juni 1938. Im Januar 1940 war der erste Einsatz als Eisbrecher auf dem Kaiser-Wilhelm-Kanal. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die WAL kurzzeitig der 11. Hafenschutzflottille, Kiel-Holtenau unterstellt, ansonsten war sie überwiegend in der westlichen Ostsee und im März 1945 an der Beförderung von Flüchtlingen beteiligt.
Mit Unterbrechungen - u. a. 1952 als Nachschubfahrzeug für den Wiederaufbau der Insel Helgoland - erfolgte nach dem Krieg der Einsatz im Nord-Ostsee-Kanal bis zur Außerdienststellung 1990. Am 1. Juni 1990 verließ die WAL Rendsburg, durchquerte die Elbmündung bei Cuxhaven und erreichte am Abend des darauffolgenden Tages ihren neuen Heimathafen Bremerhaven. Mit finanzieller Unterstützung der Stadt Bremerhaven hatten Schifffahrtsfreunde den Eisbrecher erworben. Seit Abschluss der Restaurierungsarbeiten ist die WAL unter der Obhut der Schiffahrts-Compagnie Bremerhaven e. V.[10] als Museumsschiff im Museumshafen Bremerhaven (vor dem Deutschen Schiffahrtsmuseum), bei maritimen Events - wie z. B. die SAIL[11] sowie bei Kaffee- und Ausflugsfahrten an Nord- und Ostsee zu sehen. Der Dampfeisbrecher wurde als technisches Denkmal klassifiziert (Objekt-Nr. 00005273 des Landesamtes für Denkmalpflege Bremen).

LOUH ex SISU

In der Wärtsilä-Werft, Helsinki wurde 1938-1939 einer der ersten diesel-elektrischen Eisbrecher gebaut, die SISU.

Schiffsdaten SISU
IMO-Nr. 5330371
Indienststellung 1939
Länge ü.a. 65,3 m
Breite 14,4 m
Tiefgang 5,1 m
Antrieb 3 * 1.000 kW (3 * 1.350 PS)
Geschwindigkeit 15 Knoten (28 km/h)
Außerdienststellung 1986

Der elektrische Antrieb ermöglicht ein schnelles Umschalten zwischen Vorwärts- und Rückwartsfahrt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die SISU Schulschiff für die finnische Marine. 1975 erwarb die finnische Marine das Schiff und nannte es um in LOUH. Elf Jahre später wurde die LOUH außer Dienst gestellt und abgewrackt.

VOIMA

Schiffsdaten
IMO-Nr.
Länge ü.a. m
Breite m
Vermessung BRT
Tiefgang m
Antrieb kW ( PS)
Geschwindigkeit Knoten ( km/h)
Außerdienststellung


Schiffsdaten
IMO-Nr.
Länge ü.a. m
Breite m
Vermessung BRT
Tiefgang m
Antrieb kW ( PS)
Geschwindigkeit Knoten ( km/h)
Außerdienststellung


Schiffsdaten
IMO-Nr.
Länge ü.a. m
Breite m
Vermessung BRT
Tiefgang m
Antrieb kW ( PS)
Geschwindigkeit Knoten ( km/h)
Außerdienststellung







Fahrt mit der SAMPO

... Marja verkündet: "Habt etwas Geduld, aber in 15 bis 20 Minuten holt uns hier die SAMPO ab." Ob sie wohl recht behält und der Eisbrecher uns Anhalter findet und aufnimmt? Doch dann unüberhörbar das dumpfe Wummern der Dieselmotoren und kurz darauf taucht aus der Nebelwand ein schwarzer Schatten auf. Knirschend schiebt sich die SAMPO langsam durch das Eis, direkt auf uns zu. Sie kommt näher und näher. Hoffentlich steht morgen nicht in den finnischen Zeitungen: "Acht deutsche Touristen vom Eisbrecher überfahren". Fast vor unseren Füßen stoppt der schwarze Koloss. ...
Weitere Impressionen können im Band 06 des maritimen Magazins OCEANUM auf den Seiten 28 bis 31 nachgelesen werden.

Videos

Weblinks

WSV: Entwicklung in der Schiffstechnik
Eisklassen
SAMPO
Helsinki Shipyard: Eisbrecher
FS POLARSTERN
FRAM Museum
WAL
WELLE
Besucherleitfaden Antarktis

Literatur

Schiffe und Meer. Chronik der Seefahrt - Haws, D. - Augsburg: Weltbild Verlag, 1992 - 244 S. - ISBN 3-89350-054-5
Schiffe und Cuxhaven - Schmelzkopf, R. - Cuxhaven: Wilhelm Heidsiek Verlag, 2017 - 178 S. - ISBN 978-3-935459-23-5
333 Schiffe, die man kennen muss! - Kaack, U.; Focke, H. - München: Geramond, 2016 - 287 S. - ISBN 978-3-86245-751-9
OCEANUM. Das maritime Magazin - Band 06 - Bremen: Tobias Gerken GmbH, 2021 - 272 S. - Faszination Eisbrechen - Finnlands Kraftpakete im Einsatz - Martin Wlecke - S. 24-37
BERLIN. Ein Traditionsname für Fischereifahrzeuge - Heise, H. J.; Hülper, R.; Kokot, D.; Jakobeit, W; Hrsg. Förderverein Schifffahrtsgeschichte Cuxhaven e. V. - Cuxhaven, 2024 - 80 S. - Schriftenreihe Ausgabe 19
Zeitschrift des Vereins für Lübecksche Geschichte und Altertumskunde - Lübeck: Verlag Max Schmidt-Römhild, 1991 - 446 S. (Band 71) - Der Bugsierdienst der Handelskammer zu Lübeck - Osterschelte, Ch. - S. 221-310
150 Jahre Schiffe für die Meere der Welt. Die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft und ihr Weg in die Zukunft - Gretzschel, M. - Hamburg: Koehler im Maximilian Verlag, 2022 -245 S. - ISBN 978-3-7822-1517-6

Fußnoten

  1. Eisbrecher - ältere Begriffsbedeutung: keilförmige Vorbauten an Brückenpfeilern zum Zerbrechen der Eisschollen
  2. IACS. International Association of Classifikation Societies = Internationale Vereinigung der Klassifikationsgesellschaften; 1968 gegründet
  3. IMO (International Maritime Organization): Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation vertritt als UN-Organisation über 170 Staaten.
  4. Polar Code = International Code for Ships operating in Polar Water = Internationale Klassifizierung für Schiffe, die im Polargebiet fahren
  5. Mehrere Bereiche der Aktis sind hierbei ausgenommen: Island, die arktischen Regionen Skandinaviens und die daran angrenzende Region Russlands.
  6. BSH: Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie; 1868 als Norddeutsche Seewarte gegründet; erbringt maritime Dienstleistungen entsprechend dem Seeaufgabengesetz
  7. Die Wärtsilä-Werft in Finnland baute 1974 für die Sowjetunion einen weiteren Eisbrecher namens YERMAK.
  8. Helsingfors Skeppsdocka - später Wärtsilä-Werft; heute Helsinki Shipyard Oy
  9. MONTE CERVANTES: Passagierschiff der HSDG, Hamburg; 159,7 m lang; 20,1 m breit; zugelassene Passagierzahl: 2.492
  10. Schiffahrts-Compagnie: als Verein Museumsschiff Dampd-Eisbrecher "Wal" 1991 gegründet; 2002 in Schiffahrts-Compagnie Bremerhaven e. V. umbenannt; 2025 Eigentümer von WAL und QUARANTÄNE (eh. Hafenarzt-Barkasse)
  11. SAIL: großes Windjammer-Treffen in Bremerhaven (auch Nichtsegler kommen); erstmals 1986 veranstaltet Bremerhaven; seit 1995 im 5-Jahres-Turnus; fiel 2020 wegen der CIVID-19-Pandemie (auch Corona-Pandemie genannt) aus; die WAL wurde auch für 2030 wieder angemeldet