Nord-Ostsee Kanal
Der Nord-Ostsee Kanal (NOK), englisch auch “Kiel Canal“, ist eine künstliche Wasserstraße und verbindet die Nordsee (Elbmündung) mit der Ostsee. Er ist die am meisten befahrene künstliche Seeschifffahrtsstraße der Welt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Um den Umweg über das Skagerrak zu sparen, gab es bereits vor über tausend Jahren eine „Abkürzung“, die von den Wikingern genutzt wurde. Aus der Ostsee kommend, befuhren sie die Schlei bis Haithabu, luden ihre Güter auf Karren um und beluden ihre Schiffe nach 16 km Landweg dann wieder in Hollingstedt, um über die Treene und Eider in die Nordsee zu gelangen.
Seit dem 16. Jahrhundert gab es immer wieder Pläne zum Bau eines Kanales, aber erst im 18. Jahrhundert wurde durch den Dänenkönig Christian VII. in den Jahren 1777 bis 1784 der so genannte „Schleswig-Holsteinische Kanal“ oder „Eiderkanal“ angelegt. Als direkter Vorgänger des Nord-Ostsee Kanals verlief er von Kiel-Holtenau nach Rendsburg. Dort mündete er in die Untereider und erhielt so Zugang bei Tönning in die Nordsee.
Dieser Kanal wurde dem stetig wachsenden Schiffsverkehr nicht lange gerecht. Im Jahre 1878 wurde daher ein neuer Kanal projektiert, der von Kiel aus, das zum Haupthafen der kaiserlichen Marine werden sollte, statt in die Eider nun bei Brunsbüttel in die Elbe münden sollte. Gegen den Willen von Generalstabschef von Moltke erwirkte Bismarck 1885 die Unterzeichnung des „Gesetzes betreffend die Herstellung des Kanals“ durch Kaiser Wilhelm I.
Kaiser Wilhelm I. war es auch, der am 3. Juni 1887 den Grundstein für den Kanal in Holtenau legte. Von 1887 bis 1895 wurde dann von ca. 8.900 Arbeitern der damals ca. 99 km lange Kanal bei einer Breite von 67 Metern und einer Tiefe von neun Metern ausgehoben. Mit der Schlusssteinlegung durch Kaiser Wilhelm II. (Enkel von Wilhelm I.) am 21. Juni 1895 wurde der Kanal als „Kaiser-Wilhelm-Kanal“[1] eröffnet.
In den Jahren von 1907 bis 1914 waren Baumaßnahmen zur Verbreiterung des Kanals notwendig, um den Großkampfschiffen der Kaiserlichen Marine die Passage zu ermöglichen. Die Breite betrug nun 102,50 Meter und die Tiefe elf Meter. Seit 1965 werden Baumaßnahmen zur Stabilisierung der Böschungen durchgeführt, die den Kanal teilweise auf bis zu 162 Meter verbreitert haben.
Weichen
Zur Regelung des Begegnungsverkehrs von großen Schiffen beobachtet eine Verkehrszentrale den Schiffsverkehr und weist bei Bedarf per Ampelsteuerung einem Schiff eine von zwölf Ausweichstellen zu, an denen sich große Schiffe gefahrlos begegnen können.
Schleusen
An beiden Enden des Kanales sowie am Gieselau-Kanal[2] befinden sich Schleusenanlagen. In Brunsbüttel und Kiel-Holtenau bestehen die Schleusenanlagen aus großen und kleinen (auch: alte und neue) Schleusenanlagen. Die kleinen Schleusen, die 1895 in Betrieb genommen wurden, besitzen je zwei Schleusenkammern mit einer Nutzlänge von 125 m und einer Nutzbreite von 22 m. Die großen Schleusen (Inbetriebnahme 1914) warten mit einer Nutzlänge von 310 m und einer Breite von 42 m auf.
Das Wasser- und Schifffahrtsamt Brunsbüttel betreibt in der Nähe der Schleusen das „Atrium“, ein sehenswertes Museum zum NOK. Öffnungszeiten: Täglich vom 15. März bis zum 15. November in der Zeit von 10:30 bis 17:00 Uhr.
Brücken
Insgesamt führen zehn Brücken mit einer zugelassenen Durchfahrtshöhe von 40 m über den Kanal. Die sehenswertesten hiervon sind sicher die Hochbrücken von Hochdonn und Rendsburg.
Tunnel
Zur Entlastung der Rendsburger Drehbrücke und letztlich zu deren Ersatz wurden in Rendsburg ein Straßentunnel in den Jahren 1957 bis 1961 und ab 1962 bis zur Eröffnung am 28. Mai 1965 ein Fußgängertunnel unter dem NOK hinweg gebaut.
Die Tunnelröhre des Fußgängertunnels unter dem Nord-Ostsee-Kanal ist ca. 130 m lang, hat ca. 4,50 m Durchmesser und zu ihr hinab führen vier Fahrtreppen, die mit ihrer Länge von je 55,19 m zum Zeitpunkt ihrer Erbauung die längsten in Westeuropa waren. Außerdem gibt es zwei Aufzugsanlagen.
Fähren
Insgesamt queren den Kanal zwölf 45-Tonnen-Fähren, zwei 100-Tonnen-Fähren (in Brunsbüttel ) und eine Personenfähre in Kiel-Holtenau. Hinzu kommt als Attraktion der Stadt Rendsburg die Schwebefähre[3] unter der Eisenbahnhochbrücke aus dem Jahre 1913. Alle Fähren sind für ihre Nutzer kostenlos.
Fußnoten
- ↑ 1948 wurde der Kanal auf Weisung der Alliierten in Nord-Ostsee Kanal umbenannt. Unter diesem Namen war er auch projektiert worden, jedoch von Wilhelm II. bei der Eröffnung spontan „Kaiser-Wilhelm-Kanal“ benannt worden.
- ↑ Verbindungskanal zwischen der Untereider und dem NOK bei Oldenbüttel mit einer Länge von 2,8 km. Er ist nur von Sportbooten befahrbar.
- ↑ Die Schwebefähre aus dem Jahre 1913 hatte bei einer Breite von 6 m und einer Länge von 14 m Platz für 6 Autos und 60 Fußgänger. Sie stieß Anfang 2016 mit einem Frachter zusammen und wurde schwer beschädigt (nicht reparierbar). Als Ersatz fährt die neue Fähre seit März 2022. Neben ihr und der Schwebefähre in Osten gibt es weltweit nur noch sechs aktive Schwebefähren.