Warningsacker
Der Warningsacker war ab dem Mittelalter Versammlungsort der Vertretung des Landes Hadeln.
Während das Amt Ritzebüttel mit seiner Gründung und Zugehörigkeit zu Hamburg seit dem 13. Jh. aus dem Land Hadeln enthoben war, unterstand dieses im Laufe seiner Geschichte verschiedenen Herren. Es teilte sich auf in drei Stände; diese wiederum in Kirchspiele, vertreten durch die `Kirchspielgerichte´. Vertreter eines Kirchspielgerichtes waren der Schultheiß und mehrere Schöffen. Ihnen oblag sowohl die politische Verwaltung des Kirchspiels, als auch die untere Gerichtsbarkeit. Das `Kirchspiel´ fungierte als Vorläufer der heutigen politischen `Gemeinde´. Die Hadeler Stände waren
- der 1. Stand, das Hochland mit den 7 Kirchspielen:Altenbruch, Lüdingworth, Nordleda, Neuenkirchen, Osterbruch, sowie Oster- und Westerende-Otterndorf,
- der 2. Stand, das Sietland mit den 5 Kirchspielen: Odisheim, Steinau, Wanna, Oster- und Westerende-Ihlienworth,
- der 3. Stand der Flecken (das Weichbild) Otterndorf.
Die politische Gewichtung innerhalb des Landes Hadeln entsprach dabei der Aufzählung und begründete sich entsprechend der Wirtschaftskraft und des damit verbundenen Wohlstandes des jeweiligen Standesgebietes.
Politischer Versammlungsort dieser Stände war von alters her der Warnigsacker, eine zwischen Altenbruch und Otterndorf heute nahe der Bundestraße 73 gelegene Flur. Für den 1. und 3. Hadeler Stand liegt der Beginn der Treffen im Dunkel der Geschichte. Historisch belegbar sind sie seit 1496, haben aber vermutlich bereits weit eher stattgefunden. Ab 1544 trat dann auch der zweite Hadeler Stand, das Sietland, dem Treffen bei.
Anlässe der Treffen waren primär die Landtage. Sie hatten die regional üblichen, im Land Hadeln aufgrund seiner bereits seit ca. 1200 von den sachsen-lauenburgischen Herzögen gewährten Freiheiten, vermehrten Aufgaben einer Selbstverwaltung. Man beriet über Aufgaben und Verpflichtungen der Kirchspiele, über die kleine Gerichtsbarkeit und Finanzen. Man wählte die verantwortlichen Personen, die Schultheißen oder Schulten und die Schöffen.
Weiterer Anlass von Treffen war die Huldigung neuer Landesherren. Gemeinsam damit ließ sich das Land Hadeln seine Freiheiten und Privilegien (besonders die niedere Gerichtsbarkeit, die Kirchspielsverfassung, sowie die Wahl der Schultheißen und Schöffen) bei jedem Regierungswechsel neu bestätigen. Dieses geschah kirchspielweise nach einer alten Huldigungsformel: "Ok so schal us use leve gnedighe here hertoch Erik vorghenomet vy all usem rechte laten dat wy van sinen olderen ghehabt hebben."
Die dritte Aufgabe der regelmäßigen Landtage war die Vertretung der Interessen der Bevölkerung gegenüber der Landeshoheit, sprich den Landesherren und ihrer Verwaltung.
Um eine handlungsfähige Versammlung sicherzustellen, wurden sie eingeleitet mit der sogenannten `Mannzahl´, der Feststellung der Vollzähligkeit der Versammlung. Dabei war unentschuldigtes Fehlen mit Geldstrafe belegt. Die volle Versammlung umfasste ungefähr 100 Personen.
So tagte man über 300 Jahre unter freiem Himmel. Während der Landesherr um 1390 bereits ein festes Haus in Otterndorf besaß und der Ort um 1400 Stadtrecht erlangte, stieg er im 17. Jh. zunehmend zum Hauptort des Landes Hadeln auf. Damit einhergehend verlagerten sich die Landtage während der Regierungszeit des letzten Herzogs von Sachsen-Lauenburg, Julius Franz (1666-1689), in das Otterndorfer Landeshaus. Die letzte Versammlung zur Huldigung des Herzogs und Vorstellung des Gräfen unter freiem Himmel fand am 21. August 1799 statt.
1884 bildete die Landesversammlung die erste Kreisversammlung des Landkreises Otterndorf, später Kreis Land Hadeln. Damit endeten die ständischen Versammlungen. Die Kirchspielgerichtsstände lebten noch bis 1932 in den Gemeinden fort. Noch heute lebt die alte Landesverfassung fort in der weitgehenden Unabhängigkeit der Deich- und Schleusenverbände mit ihren Deichgeschworenen und Schultheißen, bzw. Gräfen.
Entgegen der Inschrift auf dem Gedenkstein ist nicht erwiesen, dass der Warningsacker jemals als Thingplatz Verwendung fand. Der Stein selber stammt aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts, was die heroische Inschrift erklären mag.