Knechtsand-Abkommen
Das Knechtsand-Abkommen war eine Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem vereinigten Königreich über die militärische Nutzung der Sandbank Knechtsand vor Arensch/Berensch. Sie wurde am 9. September 1952 geschlossen und erlaubte der britischen Luftwaffe (RAF), das Gebiet als Bombenabwurfplatz zu nutzen.
Inhaltsverzeichnis
Hintergrund
Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzten die britischen Besatzungstruppen weite Teile der deutschen Nordseeküste für militärische Übungen. Als der bis dahin genutzte Übungsplatz auf Helgoland 1952 wieder freigegeben wurde, suchte die Royal Air Force nach einem Ersatzgebiet und wählte die unbewohnte Sandbank Knechtsand südlich von Neuwerk.
Das Gebiet war zu dieser Zeit bereits als wichtiger Rast- und Brutplatz für Seevögel bekannt. Die Nutzung durch die RAF umfasste hauptsächlich Übungsbomben ohne Sprengstoff, die zur Zielmarkierung eingesetzt wurden.
Vereinbarung von 1952
Mit dem Knechtsand-Abkommen gestattete die Bundesregierung den britischen Streitkräften die zeitlich befristete Nutzung des Areals als Luftschießplatz. Zuständig war das Bundesministerium für Verkehr, da das Wattenmeer zu den Küstengewässern zählte. Das Abkommen war zunächst auf fünf Jahre befristet und trat am 1. Juni 1952 in Kraft.
Proteste und Folgen
Das Abkommen stieß an der Nordseeküste, besonders im Raum Cuxhaven, auf heftigen Widerstand. Fischer befürchteten Gefahren durch Blindgänger und Einschränkungen ihrer Fanggebiete. Ornithologen und Naturschützer – unter anderem vom Deutschen Bund für Vogelschutz (heute NABU) und der Vogelschutzwarte Helgoland – protestierten wegen der Zerstörung wichtiger Brut- und Rastplätze.
Diese Proteste gelten als eine der ersten großen Naturschutzaktionen der Bundesrepublik Deutschland.
Aufhebung und Nachwirkung
Die militärische Nutzung endete 1957, das Abkommen wurde nicht verlängert. Im Anschluss wurde das Gebiet zum Vogelschutzgebiet Knechtsand erklärt – dem ersten großen Schutzgebiet dieser Art in Deutschland. Seit 1986 gehört der Knechtsand zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, der 2009 zum UNESCO-Weltnaturerbe ernannt wurde.
Bedeutung
Das Knechtsand-Abkommen zeigt beispielhaft die Spannungen zwischen den Interessen der westlichen Alliierten, der jungen Bundesrepublik und dem aufkommenden Naturschutzgedanken der 1950er Jahre. Zugleich gilt Knechtsand als ein Symbol für den Beginn der modernen Naturschutzbewegung in Deutschland.
Literatur und Quellen
- Hans-Dieter Wilhelm: *Vom Bombenplatz zum Vogelparadies – Die Geschichte des Knechtsands*. Cuxhaven 2002.
- Niedersächsisches Umweltministerium (Hg.): *Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer – Geschichte und Schutz*. Hannover 2011.
- Bundesarchiv, Abt. B 136: *Unterlagen zum Knechtsand-Abkommen (1952–1957)*.
- „Knechtsand: Vom Bombenplatz zum Naturschutzgebiet“, in: Cuxhavener Tageblatt, 15. Juli 2002.
- Knechtsand im Deutschen Bundestag