Peilfunknetz Nordsee
Das Peilfunknetz Nordsee diente der Standortbestimmung von Schiffen.
Zur Unterstützung der Navigation und zur Verbesserung des Seenotdienstes in der Nordsee wurde in den vierziger Jahren auf Anordnung der britischen Besatzungsmächte ein Peilfunknetz aufgebaut. Dessen eigentliche Aufgabe war es, Schiffen mit Peilfunkanlage zu ermöglichen, ihren eigenen Standort auf den engen minenfreien Zwangswegen bestimmen zu können. Später wurde die Funktion umgekehrt, so dass der Standort in Seenot geratener Schiffe bestimmt werden konnte, die nicht mehr in der Lage waren, selbst ihren Standort zu bestimmen und durchzugeben.
Eine Peilfunkstelle war zunächst 1946 auf der Insel Neuwerk eingerichtet worden, weitere Peilfunkstellen befanden sich parallel dazu in Sankt Peter-Ording und auf der Insel Norderney. Elbe-Weser Radio war die Leitpeilfunkstelle. Am 1. September 1946 begann der reguläre Betrieb des Peilfunknetzes Nordsee. Der Peilbereich reichte von westlich über 5° Ost bis rund 56° Nord. Die zuerst vorhandene Seekarte in Merkator-Projektion erschwerte die nautische Auswertung, weil die Peilstrahlen dort nicht geradlinig wiedergegeben wurden. Später stand eine Funkortungskarte in gnomonischer Projektion zur Verfügung, so dass seitdem die Richtungsangaben (Peilstrahlen) als gerade Linien dargestellt wurden.
1949 wurde die Peilfunkstelle dann wegen der schwierigen Versorgung der Besatzung auf der Insel (vor allem im Winter und bei schlechtem Wetter) von Neuwerk auf die Holter Höhe bei Cuxhaven und somit zu Elbe-Weser Radio verlegt.
Im Jahre 1949 ereigneten sich dann zwei Seenotfälle, in denen es nicht möglich war, mit der vorhandenen Technik die Position der havarierten Schiffe genügend genau zu orten. Daher wurde nun eine neue Anlage im Grenzwellenbereich im Pferdemoor bei Altenwalde gebaut.
Bereits 1950 wurden die Peilanforderungen der Schiffe geringer, da diese mittlerweile über eigene, modernere Navigationsanlagen verfügten. Der Tätigkeitsschwerpunkt des Peilfunknetzes lag dann bei der Peilung von Notanrufen. Als zunehmend Geräte (z. B. Decca) mit einer automatischen Aufzeichnung des Standortes verwendet wurden, kam die Frage nach der Wirtschaftlichkeit des Peilfunknetzes Nordsee in das Blickfeld. Diese Diskussion wurde durch den tragischen Seenotfall des polnischen Frachters BUSKO ZDROJ[1] am 7. / 8. Februar 1985 vertagt. Mit Einführung weiterer digitaler Technik (GMDSS, AIS (Automatic Identification System), elektronischer Seekarten) war das analoge Peilfunkverfahren veraltet. Das Netz wurde am 31. Dezember 1994 abgeschaltet.
Anmerkung: Siehe zum Thema auch Marine-Peilfunkstelle Altenwalde
Weblinks
Kleine Anfrage im Bundestag zur Einstellung des Peilfunknetzes
Literatur
OCEANUM. Das maritime Magazin - Band 06 - Hrsg.: H. Focke; T. Gerken - Bremen: Oceanum Verlag, 2021 - 272 S. (S. 90-102)
Fußnoten
- ↑ Bei schwerem Seegang kenterte das Frachtschiff BUSKO ZDROJ]] (Baujahr 1970; 85,78 m lang; 12,4 m breit; 5,1 m Tiefgang; 1974 BRT; DWT 1904 t) in der Nacht zum 8. Februar 1985. Viele Schiffe und ein Marinehubschrauber versuchten zu Hilfe zu kommen. Einige Seeleute erreichten die schiffseigenen, schwimmenden Rettungsinseln. Doch bei dem strengen Winterwetter waren sie schnell unterkühlt. Als einzige Person der insgesamt 32 Besatzungsmitglieder / Passagiere überlebte der Funkoffzier (unterkühlt und unter Schock stehend) das Unglück. Es war bis dato die größte Katastrophe der polnischen Handelsschifffahrt.