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Nissenhütte

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Nissenhütten

Die Cuxhavener Nissenhütten waren Nachkriegs-Notunterkünfte.

Ihren Namen haben sie von den Eiern der Läuse, den Nissen. Was nicht heißen muss, dass die Quartiere ungepflegt waren, nur waren es pauschalisiert Elendsquartiere.

Die Bevölkerungzahl lag durch die Flüchtlinge im Oktober 1946 bei 125 % der Vorkriegsmenge. Gerechnet mit dem verbliebenen Wohnraum und der zusätzlichen Einquartierung englischer Besatzer, die für sich bereits 1500 Wohnräume requirierten, blieb pro Person im Extremfall 4 m² übrig. (Meine Eltern wohnten zu Beginn der 50er Jahre mit mir auf 14 m² (Der Verfasser)). Selbst 1966 gab es bei den beiden neuerbauten Hochhäusern an der Brahmsstraße noch 500 Bewerber für eine Wohnung.

Aus dieser Situation begann man 1945 mit dem Bau von 100 Wellblechbaracken, genannt Nissenhütten; zur Hälfte am Brockesweg, zur Hälfte am Ackerweg, der heutigen Wagnerstraße. Es steht zu vermuten, dass die Baracken des Brockesweges auf dem Gelände des ehemaligen Westarbeitslagers, einer Unterkunft für Zwangsarbeiter des II. Weltkrieges, errichtet wurden.

Die Hütten bestanden aus doppelwandigem Wellblech, unisoliert, die Kopfenden mit Holzwänden abgeschlossen. Der Fußboden aus blankem Estrich. Innen wurden sie mit Heraklitplatten, den sogenannten Sauerkrautplatten, verkleidet; ebenfalls unisoliert. Der Rest war Privatsache, z.B. Fischkistenbretter als Fußboden. Und auch hier bis zu sechzehn Personen auf 66 m². Das Ergebnis waren im Winter Innentemperaturen von bis -10 Grad und Eis an Wänden und Decke, die sich folglich am Tage als Tropfsteinhöhlen darstellten. Aber dafür war es dann im Sommer unendlich heiss unter dem Blech. Kein Strom, keine Wasserversorgung, keine Sanitäreinrichtungen. Vorhanden waren ein Waschhaus mit mehreren Betonbadebecken für alle Lagerbewohner und eine Baracke mit eingeteilten Zellen pro Familie als Toilette.

Zusätzlich gab es in der Nachkriegszeit natürlich auch nix zu heizen. Da Cuxhaven am Ende der Transportwege liegt ging auf dem Weg bis dahin alles `verloren´ - Lastwagen, wenn es sie denn gab, ja ganze Zugladungen. Von 300 Zentnern Brikett kamen noch 30 an oder: Von zwei Wagonladungen Braunkohle (ansich schon schlechter Qualität) war ein Wagon leer und ausgefegt und in dem zweiten lag noch ein Brikett. 35 der 50 Fischdampfer konnte aus Kohlemangel nicht auslaufen. So wurden z.B. die Duhner Badebrücke oder das Döser Familienbad in Wärme umgewandelt. Aber auch der Kohlenhändler Herbert Fitter am Bauhof, heute Werner-Kammann-Straße, Schul- und andere Behördenkeller waren nicht sicher vor Kohlendiebstahl. Von in Brockeswalde exhumierten britischen Soldaten, die nach England überführt wurden, wurden die Särge verheizt. Kohlefahrzeuge wurden bis zur `feindlichen´ Nachbarstraße verfolgt, um die Straße von runtergefallenen Kohlen sauber zu halten. Und man zog aufs Land, um Torf zu stechen. Auch an der Döser Wettern wurde Torf gestochen.
Die Not war derzeit so groß, dass selbst auf dem heutigen Parkplatz an der Alten Liebe Kartoffeln angepflanzt wurden.

"Wo heut´ für teures Geld die Wagen parken
konnt´ man früher seine Beete harken.
Gurken ernten, Unkraut jeten
und um wenig Sturmflut beten".
Der Einsteller

1957 wurden die Baracken dann weggerissen.

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