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Seeräuber

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Seeräuber gab es auch in der Deutschen Bucht.


Man hat Gewalt, so hat man Recht.
Man fragt ums Was und nicht ums Wie.
Ich müsste keine Schiffahrt kennen:
Krieg, Handel und Piraterie,
Dreieinig sind sie, nicht zu trennen.
(Faust. Der Tragödie zweiter Teil - Fünfter Akt Johann Wolfgang von Goethe)

Begriffe und Anmerkungen

Kaperbrief für die "SANTA MARIA STELLA MARIS" 1690
Aufteilung der Prise:
  • z. B. bei Kaperfahrten im Auftrag Hamburgs (Hamburg hatte sich vorher mit 50 % am Kaperschiff beteiligt) --> Hamburg erhielt 50 % der eingebrachten Beute und 50 % des eingesetzten Schiffes. Die Reeder bekamen 25 %[1]. Die Söldner (militärische Besatzung) erhielten 25 % in Form einer Prämie.[2]
  • unter Piraten --> Alle Piraten erhielten den gleichen Anteil. Nur der Piratenkapitän bekam zwei Anteile. Es gab auch abweichende Regelungen z. B. bei Bartholomew Roberts[3] (lt. Bordregel): Kapitän und Quartiermeister je zwei Anteile; Maat, Bootsmann und Geschützmeister je anderthalb Anteile; andere Offiziere einen und einen Viertel Anteil.
Augenklappe: Wenn der Piraten-/Kaperkapitän nach dem Entern des Schiffes unter Deck ging, nahm er die Augenklappe ab. Weil ein Auge an die Dunkelheit angepasst war, konnte er sich besser orientieren.
Bordregel: Ordnung an Bord von Piraten-/Kaperschiffen, die für alle Besatzungsmitglieder galt. Die Bordregel von Bartholomew Roberts hatte elf Punkte, vom Stimmrecht bei anstehenden Entscheidungen über das Verbot von Handgreiflichkeiten bis zur Tätigkeit der Kapelle
Bukaniere: Kaperer in der Karibik z. B. aus Westindien, z. T. aus Frankreich und aus England
Freibeuter: Kaperer
Gerichtszuständigkeit nach Artikel 105 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (SRÜ): Die Gerichte des Staates, der das [Seeräuber-]Schiff oder Luftfahrzeug aufgebracht hat, können über die zu verhängenden Strafen entscheiden sowie die Maßnahmen festlegen, die hinsichtlich des Schiffes, des Luftfahrzeugs oder der Vermögenswerte zu ergreifen sind, vorbehaltlich der Rechte gutgläubiger Dritter.
"Goldenes Zeitalter": 16. bis 18. Jahrhundert
Hauptbootsmann: Er kommandierte Beiboote bei Einzelaufgaben; konnte einer Wachgruppe vorstehen; war manchmal als Zahlmeister und als Verwalter der Heuergelder tätig; beaufsichtigte die Handfeuerwaffen der Besatzung
Kaperbrief: Dokument einer Regierung[4] (Admiralität) oder Stadt für eine Privatperson (Kapitän) als Auftrag und Berechtigung Schiffe festgelegter Länder im Kriegszustand zu überfallen
Kaperei: Raub eines Schiffes auf der Grundlage eines Kaperbriefes bzw. Beraubung der Passagiere und Besatzung auf See
Kaperer: Person(en), die Kaperei betreiben
Kaperkapitän: Er wurde von den Finanziers der Unternehmung eingesetzt oder von der Mannschaft gewählt.
Kopfgeld: Beispielsweise wurde Anfang des 18. Jahrhunderts in England folgendes Kopfgeld ausgelobt: vom Piratenkapitän 100 Pfund Sterling über mehrere Abstufungen bis zum gemeinen Piraten 20[5] Pfund Sterling
Korsar: Kaperer im Mittelmeer z. B. aus Nordafrika und aus Frankreich
Piratenflagge: "Jolly Roger"; piratisches Hoheitszeichen --> weißer Totenkopf mit gekreuzten Knochen auf schwarzem Grund - seit Anfang des 18. Jahrhunderts gebräuchlich; vorher gab es verschiedene Varianten: schwarze Flaggen mit ähnlichen Symbolen, viele fantasievolle Flaggen mit rotem Grund oder die Flagge des Heimatlandes
Piratenkapitän: Er wurde von der Mannschaft gewählt und konnte wieder abgewählt werden. Nur im Gefecht und bei der Verfolgung der Beute hatte er Befehlsgewalt.
Piratenrunde: eine Route zwischen den nordamerikanischen Kolonien Englands, den Häfen in der Karibik und der Insel Madagaskar; existierte etwa ab 1690 bis ungefähr 1730
Piratenstützpunkte: z. B. Insel New Providence [heute Nassau (Bahamas)], Réunion, Tortuga (Karibik), Madagaskar, Saint-Malo (Frankreich), Dünkirchen
Piraterie: Seeraub
Prise: Beute
Quartiermeister: Er befehligte die militärische Besatzung und war für die Disziplin zuständig.
Seeraub: Raub eines Schiffes bzw. einer Schiffsladung, Beraubung der Passagiere und Besatzung auf See
Seeräuberei nach Artikel 101 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (SRÜ): Seeräuberei ist jede der folgenden Handlungen:
a) jede rechtwidrige Gewalttat oder Freiheitsberaubung oder jede Plünderung, welche die Besatzung oder die Fahrgäste eines privaten Schiffes oder Luftfahrzeugs zu privaten Zwecken begehen und die gerichtet ist
i) auf Hoher See gegen ein anderes Schiff oder Luftfahrzeug oder gegen Personen oder Vermögenswerte an Bord dieses Schiffes oder Luftfahrzeugs;
ii) an einem Ort, der keiner staatlichen Hoheitsgewalt untersteht, gegen ein Schiff, ein Luftfahrzeug, Personen oder Vermögenswerte;
b) jede freiwillige Beteiligung am Einsatz eines Schiffes oder Luftfahrzeugs in Kenntnis von Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass es ein Seeräuberschiff oder -luftfahrzeug ist;
c) jede Anstiftung zu einer unter Buchstabe a) oder b) bezeichnete Handlung oder jede absichtliche Erleichterung einer solchen Handlung.
Seeräuberei durch ein Kriegsschiff, Staatsschiff oder staatliches Luftfahrzeug, dessen Besatzung gemeutert hat nach Artikel 102 des SRÜ: Seeräuberische Handlungen, wie in Artikel 101 definiert, die von einem Kriegsschiff, Staatsschiff oder staatlichen Luftfahrzeug begangen werden, dessen Besatzung gemeutert und die Gewalt über das Schiff oder Luftfahrzeug erlangt hat, werden den von einem privaten Schiff oder Luftfahrzeug begangenen Handlungen gleichgestellt.
Strandraub: ist kein Seeraub / keine Piraterie
Stückmeister (Geschützmeister): Er war für die Kanonen, die Munitions- und Pulvervorräte sowie für das Training der Geschützbedienung zuständig.

Kurzer allgemeiner Abriss

"Trotz der erfolgreichen Abenteuer dieser Mannschaft war es sehr schwierig, sie unter Kontrolle zu halten. Denn da sie fast immer verrückt oder betrunken waren, verursachte ihr verhalten unendliche Unruhen." Captain Charles Johnson[6] , Piratenbiograf, 1724


In diesem Abschnitt wird nur beispielhaft auf einzelne Aspekte hingewiesen.

Seit Beginn der Seefahrt gibt es Piraterie. Mit zunehmendem Seehandel einschließlich Sklavenhandel nahm auch die weltweite Seeräuberei zu. Im Zusammenhang mit der Kolonialpolitik existierte das "Goldene Zeitalter" der Piraterie.

Das Leben der Piraten endete häufig sehr ähnlich. Jedoch noch im 18. Jahrhundert starb jeder fünfte Seeräuber durch Krankheit (Mangelernährung, Geschlechtskrankheiten, Alkoholismus, Unfälle) und jeder fünfundzwanzigste durch Kampfeinwirkungen.

Die Entwicklung vom Admiral zum Piratenkapitän gab es mehrmals (z. B. Claus Kniphoff[7]), zumal ein Admiral auch als Freibeuter tätig sein konnte (z. B. Piet Heyn[8] und Michiel Adriaenszoon de Ruyter[9] [10]).

Eine andere Entwicklung nahm Baldassare Cossa[11]. Anfang des 15. Jahrhunderts war er mit seinen Brüdern als Pirat tätig. Später wurde er Gegenpapst.

Ratsimilaho[12] wurde König im Osten Madagaskars.

Es gab auch mehrere Piratinnen. Bekannt sind:

  • Anne Bonny (um 1698-um 1782) irische Piratin - Sie kam zur Piraterie, indem sie mehrere Piraten kennenlernte.
  • Jeanne de Clisson [Jeanne de Belleville] (1300-1359)
  • Grace O´Malley (1530-1603) irische Piratin - Sie sorgte als Clanoberhaupt durch Piraterie für den Wohlstand des Clans.
  • Mary Read (um 1685 - 1721) englische Piratin - Sie schloss sich freiwillig den Piraten an, als das Schiff, mit welchem sie fuhr, gekapert wurde. Durch Zufall traf sie später Anne Bonny. Sie kämpften dann gemeinsam.
  • Zheng Yisao [Cheng I Sao] (1775-1844) chinesische Piratin - Sie heiratete einen Piratenführer. Nach seinem Tod übernahm sie seine Nachfolge.

Jeanne de Clisson kam auf eine andere Art zur Piraterie. Nach dem Tod ihres ersten Mannes 1326 heiratete sie 1330 Olivier IV. de Clisson. Im Zusammenhang mit dem bretonischen Erbfolgekrieg wurde ihr Mann nach Paris gelockt, zum Tode verurteilt und enthauptet. Man schickte seinen Kopf nach Nantes und stellte ihn auf einem Spieß auf den Zinnen der Burg von Bouffray zur Schau. Jeanne de Clisson schwor dem König und Charles de Blois[13] Rache und verkaufte ihre Ländereien sowie das Schloss. Von dem Erlös erwarb sie ein Schiff, mit dem sie Handelsschiffe überfiel. Die wenigen Überlebenden berichteten von einer wilden Furie ("bretonische Tigerin"), die gefolgt von einer verwegenen Entermannschaft über ihr Schiff hergefallen sei und dabei "Rache für Baron de Clisson" geschrien habe. Nach mehreren erfolgreichen Kämpfen wurde ihr Schiff schwer beschädigt. Mit ihren Kindern floh sie nach England. Unterstützt von König Edward stattete sie drei neue Schiffe aus - schwarz mit roten Segeln. Bis 1356 setzte sie ihren Kampf fort. Danach heiratete sie einen Kapitän der englischen Truppen. Später ließ sie sich in Frankreich (Bretagne) nieder.

Als berühmtester Pirat des fernen Ostens gilt Cheng-Ch'eng-kung [Zheng Chenggong = Kaiserprinz - Die Portugiesen nannten ihn Coxinga/Koxinga] (1624-1662), der durch seinen Vater (Händler und Pirat) zur Piraterie kam. Er kämpfte gegen die Qing, vertrieb die Niederländer von der Insel Taiwan[14] und gründete dort das Königreich Dongning.

Mit zunehmender Piraterie ging man teilweise dazu über, Konvois zu bilden. Doch auch dann gab es keine Garantie durch die Anwesenheit von Kriegsschiffen. Die Freibeuter-/Piratenschiffe fielen in Rudeln über die Geleitzüge her. So hatte im Sommer 1694 der Dünkirchener Freibeuter Jean Bart[15] mit mehreren Schiffen vor der Insel Texel einen Geleitzug angegriffen und 61 mit Getreide beladene Schiffe in seine Gewalt gebracht.

Der wohl größte Piratenprozess begann am 28. März 1722 in der Festung Cape Coast Castle (im heutigen Ghana). 264 Piraten aus der Crew von Bartholomew Roberts[16] waren von der Royal Navy gefasst worden. 19 starben schon vor Prozessbeginn an ihren Verletzungen. 80 wurde sofort laufen gelassen. 165 Piraten sind vor Gericht gestellt worden. 74 von ihnen sprach der Vorsitzende Richter Kapitän Herdman als „gezwungene“ Seeräuber frei (u. a. die Musiker, die Schiffsärzte). Das Gericht verurteilte 17 Piraten zu langjährigen Haftstrafen[17]. 20 Verurteilte mussten sieben Jahre lang Zwangsarbeit in den Minen der Royal Africa Company leisten[18]. 54 wurden zum Tod durch den Strang verurteilt. Davon sind zwei Piraten noch in letzter Minute begnadigt worden.

Mit der Seerechtsdeklaration[19] von Paris 1856 wurde die Kaperei abgeschafft (Ziffer 1 der Erklärung).

1992 gründete das International Martime Bureau in Kuala Lumpur (Malaysia) das Piracy Reporting Centre. Es ist ein ständig besetztes Meldezentrum für Piraterie. E-Mail-Adressen sind imbkl@icc-ccs.org und piracy@icc-ccs.org .

Gegenwärtig erfolgen lt. IMO-Statistik rund 200 Piratenüberfälle im Jahr. Westafrika, das Südchinesische Meer und die Straße von Malakka sind traurige Spitzenreiter mit einem Anteil von über 70 %[20].

Piraterie und Freibeuterei in der Deutschen Bucht

Auch die Freie Reichs- und Hansestadt Hamburg setzte sich für die Sicherheit der Kauffahrer ein. 1299 erteilten die Herzöge von Sachsen die Erlaubnis, auf der Insel Neuwerk "zum Wohle der Seefahrt" einen festen Turm zu errichten. Ein hölzerner Wehrturm entstand. Dieser Turm wurde mit einer Besatzung unter dem Befehl eines Hauptmanns belegt. Gerhard von Cölln war bis 1312 erster Inselhauptmann.

Entgegen den Verträgen mit Hamburg beteiligten sich die Brüder Willikin und Wolderich Lappe weiter an zahlreichen Überfällen auf Kauffahrer u. besetzten 1393 sogar die Insel Neuwerk. Hamburg verbündete sich daraufhin mit den Friesen des Landes Wursten und eroberte am 10. November 1393 das Schloss Ritzebüttel (Sitz der Lappes).

Am 2. Februar 1400 beschloss der Hansetag zu Lübeck verstärkte Rüstung gegen die Vitalienbrüder[21]. Mehrere Häuptlinge des ostfriesischen Adels hatten - entgegen den Vereinbarungen - häufig den Vitalienbrüdern Unterschlupf gewährt. Der Sieg der Hanse über diese Vertreter des ostfriesischen Adels war ein erster Erfolg. Die Schlösser Aurich (Keno II. then Broke[22]) und Emden (Hisko Abdena, Probst zu Emden) wurden eingenommen. Der anschließende Sieg der Flotte unter Führung von Simon von Utrecht und Claus Scholle über die Vitalienbrüder war ein großer Erfolg der Hanse.

Um nicht ständig die großen und kostspieligen Koggen und später Konvoischiffe unter Segel halten zu müssen, hatte Hamburg um 1458 einen kleinen Schiffstyp, die Barse (auch Tonnenschiff genannt) eingeführt. Unter ihrem Kommandanten, dem Barsenmeister (capitaneus bardesarum) erfolgten die Überwachung der Elbmündung und der Elbbetonnung[23] sowie die Kontrolle der Hoheitsrechte der Stadt (Stapelrecht).

Sogar der Neuwerker Turmhauptmann/Vogt Bernd Bösecken hatte sich 1536 - mit Aussicht auf schnellen Reichtum - an den Räubereien beteiligt. Mit drei Mann überfiel er ein Schiff auf der Neuwerk-Reede, raubte es aus und tötete die Mannschaft. Er wurde am 16. August 1536 hingerichtet.

Peter Wiben[24] gilt als der letzte Pirat der Nordsee. Er stammte aus Meldorf (jetzt Kreis Dithmarschen in Schleswig-Holstein). Er musste nach einem verlorenen Erbschaftsstreit um 1539/1540 sein Haus verlassen. Nachdem er bei den dänischen Truppen von Christian III. nicht aufgenommen wurde, betätigte er sich mit anderen Gefolgsleuten als Straßenräuber und brandschatzte ganze Orte (z. B. Schafstedt). Nach der Gefangennahme 1541 sprach ihn ein Volksgericht in Rendsburg 1542 frei. Danach ließ er sich unter dem Decknamen Hans Pommerink zusammen mit seinem Bruder auf Helgoland nieder. Die Brüder und zehn Gefolgsleute unternahmen Raubzüge gegen Orte an der Dithmarschen Küste. Die Bauernrepublik Dithmarschen schickte eine Truppe mit 100 Mann auf zwei Schiffen nach Helgoland. In der Kirche auf dem Helgoländer Oberland wurde Peter Wiben erschossen.

Mit diesen Maßnahmen ist die Piraterie nicht beendet worden. So waren während des „Goldenen Zeitalters“ auch in der Nordsee im Sommer viele Kaperschiffe[25] unterwegs.

Berend Jacobsen Karpfanger war als Konvoikapitän in Hamburger Diensten unterwegs. 1678 brachte er vor Cuxhaven fünf französische Kaperschiffe auf.

Im Dezember 1690 entdeckten Einwohner von Norderney einen gestrandeten Dreimaster, die "ABRAHAM". Das holländische Handelsschiff war vorher vor der norwegischen Küste vom Kaperschiff "SANTA MARIA STELLA MARIS" aufgebracht worden. Die vier Franzosen legten einen offiziellen Kaperbrief der französischen Admiralität vor. Weil sich Frankreich mit dem Deutschen Reich im Kriegszustand befand, wurden die vier Kaperer trotzdem gefangen genommen.

Am 20. Februar 1696 verließ der Kaperkapitän Louis Le Mel mit seiner Fregatte "BONNE ESPÉRANCE" Dünkirchen mit Kurs auf die Deutsche Bucht. Das Schiff hatte 29 Kanonen und ungefähr 300 Man an Bord. Zwei Tage später tauchte er vor Helgoland auf, wo er gleich zwei Schmackschiffe[26] kaperte. In den folgenden Tagen entführte er zwei Hamburger Lotsen und kaperte mehrere Handelsschiffe. Nachdem er erfahren hatte, dass zahlreiche Schiffe in der Außenems vor Anker lagen, nahm er Kurs auf die Emsmündung. Am 13. März verfolgte er drei Schmackschiffe. Als die drei Schiffe versuchten, sich in das flache Wasser der Außenems zu retten, bemannte der Kaperkapitän eine flachgehende Schaluppe (Beiboot) mit etwa 35 Männern zur Verfolgung. Die Fregatte segelte auf die offene See hinaus und wartete dort die Rückkehr der Schaluppe ab. Ein verfolgtes Schmackschiff wurde gekapert und sieben Männer übernahmen das Kommando an Bord. Als das Wetter sich verschlechterte, driftete die Schaluppe ab und fuhr sich im Flach-wasser fest. Außerdem lief das gekaperte Schmackschiff auf Grund u. saß fest. Als sich zwei holländische Kriegsschiffe näherten, sprang Louis Le Mel mit mehreren Männern ins kalte Wasser, um zur festsitzenden Schaluppe zu kommen. Die auf dem Schmackschiff festsitzenden sechs Freibeuter wurden von den Holländern überwältigt, nach Delfzijl gebracht und erschossen[27]. Fast zur gleichen Zeit entdeckten zwei schwer bewaffnete Emder Geleitschiffe die festsitzende Schaluppe der Freibeuter. Die Seeräuber wollten sich trotzdem nicht ergeben. Der Geleitkaitän Cornelius Verbeek eröffnete daraufhin mit seinen Sechspfündern das Feuer. Die Freibeuter erwiderten den Beschuss mit ihren Musketen, Arkebusen[28] und Pistolen. Die Schießerei dauerte 36 Stunden. Dann wurden über 30 durchnässte und frierende Männer nach Emden ins Gefängnis gebracht. Die Emder merkten, dass ihnen ein paar ganz dicke Fische ins Netz gegangen waren. Nach zwei Wochen Gefangenschaft war Louis Le Mel bereit, für seine Freilassung 3000 Gulden zu zahlen[29]. Louis Le Mel gelangte nach Dünkirchen u. beschaffte das Lösegeld. Anschließend wurden in Emden die anderen Kaperer freigelassen. Danach entwickelten sich die Beziehungen zwischen Emden und den französischen Seeräuberstädten Dünkirchen sowie Saint-Malo positiv. L. Le Mel hatte weiterhin noch ein bewegtes Leben: Entgegen seiner schriftlichen Erklärung tauchte er 1702 in der Außenems auf und überfiel am 4. Juli des gleichen Jahres Spiekeroog. Er kaperte in den folgenden Jahren zahlreiche Schiffe, geriet viermal in Gefangenschaft, wurde viermal ausgetauscht, lebte über seine Verhältnisse, verschuldete sich, verließ Frau und Kinder, nahm heimlich Kontakt zum Feind auf, wurde deshalb 1714 verhaftet, entkam 1715 aus dem Gefängnis und ist seitdem verschollen.

Am 4. Juli 1702 erschien vor Spiekeroog ein französisches Piratenschiff. Die Seeräuber plünderten die Fischerboote, entführten und schlachteten das Vieh und überwältigten den Fischer Oncke Jannssen, um ein Lösegeld zu erpressen. Nach mehreren Versuchen der Spiekerooger auswärtige Hilfe[30] für Oncke Janssen zu erhalten (u. a. beim Fürsten in Aurich), kam es dazu, dass das Kaperschiff auf dem Rückweg nach Frankreich von einem holländischen Kriegsschiff gestellt und überwältigt wurde. Der Fischer saß am 18. Juli in einem Gefängnis in Middelburg (Provinz Seeland im Südwesten der Niederlande) und schrieb einen Brief an seinen Bruder. Es ist nicht geklärt, inwieweit der Fürst die Freilassung von Oncke Janssen unterstützte. Laut Aktenvermerk der fürstlichen Kanzlei wurde kein Lösegeld gezahlt. Am 29. Juli kam der Fischer wieder zu seiner Familie auf Spiekeroog.

1708 gelang es dem Emder Geleitzug unter Kapitän Kivyt das französische Kaperschiff "LA GRACIESE" zu überwältigen und drei gekaperte Schiffe zu befreien.

Im Frühjahr 1711 liefen flämische Freibeuter vor dem Borkumer Strand auf Grund. Die Borkumer brachten eine Kanone an den Strand und drohten, das Kaperschiff "DEMOISELLE ISABELLE" zu beschießen. Die Freibeuter gaben sich gefangen und wurden nach Aurich gebracht. Der Kapitän Jean Tilly[31] konnte einen amtlichen Kaperbrief der französischen Admiralität vorlegen. Nachdem die Freibeuter geschworen hatten, nie wieder in oder vor Ostfriesland zu erscheinen, erhielten sie Reisegeld für den Rückweg und wurden zurück nach Flandern geschickt.

Andere Kaperer der französischen Admiralität überfielen neben Frachtschiffen auf hoher See auch Fischkutter im Watt und Heringslogger[32] auf der Doggerbank.

Die Überfälle der Freibeuter flauten erst 1714 mit dem Frieden von Rastatt[33] ab.

Noch im 18. Jahrhundert drangen vereinzelt algerische Piraten und französische Korsaren bis an die deutschen Flussmündungen vor. So musste Hamburg ständig seine Kauffahrer schwer bewaffnen und zusätzlich Geleitschutz einsetzen.

Kinderbücher

  • Lean Pirat - Nöstlinger, Chr.; Müller, Th. M. - Weinheim: Julius Beltz, 2018 - 40 S. - ISBN 9783407760791 - ab 4 Jahre - 6,50 €
  • Zilly und Zigaro. Das Piratenabenteuer - Paul, K.; Thomas, V. - Weinheim: Julius Beltz, 2018 - 30 S. - ISBN 9783407821362 - ab 4 Jahre - 14,- €
  • Wieso? Weshalb? Warum? Band 40: Alles über Piraten - Erne, A. - Ravensburg: Ravensburger Verlag, 2007 - 16 S. - ISBN 9783473327720 - ab 4 Jahre - 14,99 €
  • Lesen lernen mit Piraten und Schatzsuchern - Hitz, A.; Engler, M.; Bato; Rudel, I. - Bindlach: gondolino, 2019 - 128 S. - ISBN 9783811235069 - ab 5 Jahre - 5,95 €
  • Meine 33 schönsten Piraten- und Schatzsuchergeschichten - Bindlach: gondolino, 2018 - 121 S. - ISBN 97838112346258 - ab 7 Jahre - 5,- €
  • Die drei ??? Kids Dein Fall: Labyrinth der Piraten - Blanck, U. - Hamburg: Carlsen Verlag, 2021 -144 S. - ISBN 9783551319814 - ab 8 Jahre - 5,99 €

Filme

  • Der rote Korsar (1952)
  • Sir Francis Drake (1961)
  • Fluch der Karibik (2003)
  • Broadside (2009)

Festspiele

  • Störtebeker-Festspiele in Ralswiek auf Rügen
  • Bis 2014 fanden in Marienhafe (Kreis Aurich) im Drei-Jahres-Turnus die Störtebeker-Freilichtspiele in plattdeutscher Sprache statt.

Literatur

  • Kleines Buch von Seeräubern in der Nordsee - Leer: De Utrooper Verlag, 2011 - 32 S. - ISBN 9783934370746
  • Die Häuptlinge von Ostfriesland - Ehlers, J. - Schortens: Heiber Druck & Verlag, 2020 - 33 S. - ISBN 9783936691672
  • Die Piraten - Bohn, R. - München: Verlag C. H. Beck, 2020 - 128 S. - ISBN 9783406744853 - 4., überarbeitete Auflage
  • Piraten! Das Handbuch der unbekannten Fakten und schönsten Anekdoten - Kammler, A. - Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 2017 - 239 S. - ISBN 9783596316526 - Reprint der Ausgabe von 2008
  • Piraten. Auf der Suche nach der wahren Freiheit - Graeber, D. - Stuttgart: Klett-Cotta, 2023 - 256 S. - ISBN 9783608987195
  • Raue Zeiten Raue Sitten für Ostfrieslands Küste und Inseln - Kampfer, G. W. - Norden: Ostfriesland Verlag - SKN, 2015 - 139 S. - ISBN 9783944841137
  • Seelotsen. 400 Jahre im Dienste der Seeschiffahrt - Kühne, K. B. - Cuxhaven: CN Buchverlag, 1994 - 208 S. - ISBN 3920709411
  • Seefahrer! Maritime Lebensbilder von der Antike bis heute - Schmid, J. J. - Darmstadt; Mainz: Verlag Philipp von Zabern, 2013 - 180 S. - ISBN 9783805344555
  • Das Amt Ritzebüttel und sein Schloss - Keimzelle der Stadt Cuxhaven. Von der Eroberung und ersten Amtsmannschaft bis zum Groß-Hamburg-Gesetz - Bussler, P. - Hrsg.: Verein Bürger für das Schloss Ritzebüttel e. V. -Bremerhaven: Müller Ditzen, 2022 - 244 S. - ISBN 9783000722790
  • Spektrum Geschichte 04.22 Blackbeard & Co. Piraten des Goldenen Zeitalters - Der letzte Pirat (von Hollstein, S.) - S. 12-29
  • Störtebeker. Dichtung und Wahrheit - Bents, H.; Flessner, B.; Stromann, M. - Norden: Verlag Soltau Kurier Norden, 2003 - 147 S. - ISBN 9783928327695

Weblinks

IMO Piracy Reports IMB Piracy Reporting Centre Störtebeker Festspiele


Fußnoten

  1. Von diesem Beuteanteil bezahlten die Reeder auch die Seeleute (nautische Besatzung).
  2. In diesem Zusammenhang wurden gleich nach der Kaperung des Schiffes die Begleitpapiere gesichert und die Fracht versiegelt. Die Schiffsladung war für die Freibeuter tabu.
  3. Bartholomew Roberts (1682-1722) Mit über 400 erbeuteten Schiffen war er (nach der Anzahl der Schiffe) der erfolgreichste Pirat im Goldenen Zeitalter. Nach seinem Tod wurde er auch Black Bart genannt.
  4. z. B. wenn die Regierung keine entsprechend große Flotte hatte, um gegnerische Handelsschiffe zu überfallen
  5. In einer anderen Quelle werden 10 Pfund Sterling genannt.
  6. In seinen Büchern beschäftigte sich Ch. Johnson mit über 30 Piraten und Piratinnen.
  7. Claus Kniphoff (um 1500-1525) dänischer Admiral und Seeräuber; wurde in Hamburg hingerichtet
  8. Piet Pieterszoon Heyn [auch Pieter Pietersen Heyn geschrieben] (1577-1629) kaperte 1628 als Admiral die spanische Schatzflotte bei Havanna; seine Beute entsprach dem heutigen Wert von einer Milliarde €! Die Niederlande konnten dadurch den Krieg gegen Spanien wirtschaftlich gestärkt fortsetzen. Außerdem blockierte er Dünkirchen, weil dort Freibeuter unter spanischer Flagge fuhren.
  9. M. A. de Ruyter (1607-1676): Im zweiten Englisch-Niederländischen Krieg segelte er 1667 die Themse bis kurz vor London hinauf und brachte der Royal Navy die bis heute größte Niederlage bei. Die "HMS ROYAL CHARLES" und andere Beuteschiffe wurden danach in den Niederlanden öffentlich ausgestellt.
  10. Fast genauso dreist war der Dünkirchener Freibeuterkapitän Jean Tilly, als er im September 1703 mit einer Schaluppe (Beiboot) erfolgreich in die Themse eindrang.
  11. Baldassare Cossa (um 1370-1419) erlangte 1410 durch Mord und Bestechung die Papstwürde als Gegenpapst - parallel zu zwei anderen Anspruchstellern. Er nannte sich Johannes der XXIII. 1414 wurde er auf dem Konzil von Konstanz abgesetzt.
  12. Ratsimilaho (um 1694-1750) wurde Oberkommandierender und später König (Herrscher auf Lebenszeit) der Betsimikara, einer ethnischen Gruppe auf Madagaskar.
  13. Charles des Blois hatte das Todesurteil unterstützt.
  14. Taiwan: damaliger Name der Insel --> Formosa (von portugiesischen Seefahrern so bezeichnet)
  15. Jean Bart (1650-1702) diente zeitweise in der holländischen Marine unter Admiral M. A. de Ruyter - z. T. auch als Kaperer. Als er nach Frankreich zurückkehrte, erhielt er dort Kaperbriefe. Für seinen Sieg in der Seeschlacht von Texel (südwestlichste der westfriesischen Inseln) 1694 wurde er zum Chevalier de St. Louis geschlagen und in den Adelsstand erhoben. Er gilt in Frankreich als der König der Korsaren.
  16. Bartholomew Roberts starb beim Seegefecht am 10. Februar 1722 als er von einer Kartätsche (Artilleriegeschoss mit Schrotladung) getroffen wurde.
  17. Nur 4 der 17 Piraten kamen lebend in London zur Verbüßung der Haftstrafen an.
  18. Das kam einem Todesurteil gleich.
  19. Seerechtsdeklaration: "Erklärung betreffend das europäische Seerecht in Kriegszeiten", Unterzeichnerstaaten (Stand 1981): Frankreich, Großbritannien, Mexiko, Österreich, Preussen, Sardinien, Schweiz, Sowjetunion, Spanien und Türkei
  20. Die Zahlen der IOM-Statistik aus den Jahren 2015 bis 2021 wurden hier addiert.
  21. Vitalienbrüder/Viktualienbrüder: auch Likede(e)ler = Gleichmacher genannt, wegen der Verteilung der Beute zu gleichen Teilen; die Figur des Klaus Störtebeker ist aber anscheinend eine Legende.
  22. auch tom Brok genannt
  23. Tonnen wurden dort 1440/1450 erstmals ausgelegt.
  24. Peter Wiben: auch Peter Wibe, Peter Wybe bzw. Hans Pommerink genannt
  25. Die kleinsten Kaperschiffe hatten zwei oder vier Kanonen. Die größten Exemplare waren mit bis zu 50 Kanonen bestückt.
  26. Schmackschiff: flachgehender zweimastiger Küstensegler
  27. Als Ludwig XIV. davon erfuhr, wurden sechs Holländer in Dünkirchen verhaftet. Sie mussten als Sträflinge auf französischen Galeeren für die Tat ihrer Landsleute büßen.
  28. Arkebuse: Hakenbüchse; Vorderlader mit kürzerem Lauf und mit kleinerem Kaliber als eine Muskete
  29. In der am 19. März von L. Le Mel unterschriebenen Erklärung lautet die Formulierung: "Freilassung und als Entschädigung dafür, daß die Emder ... Konvoyer ausrüsten" mussten.
  30. Die Seeräuber wollten 450 Gulden als Lösegeld erhalten.
  31. Jean Tilly begann 1703 mit der Piraterie. Zweimal kam er in englische Gefangenschaft, sodass er fast drei Jahre in einem finsteren Verlies war.
  32. Heringslogger: ein schnelles Fangschiff
  33. Der Friede von Rastatt wurde im März 1714 zwischen Frankreich und Österreich geschlossen.