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Nissenhütte: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 6. September 2010, 20:42 Uhr

Nissenhütten

Die Cuxhavener Nissenhütten waren Nachkriegs-Notunterkünfte.

Ihren Namen haben sie von ihrem Erfinder, dem kanadische Ingenieur Peter Norman Nissen (1871-1930)[1], der als Offizier der Royal Army diese Blechhütten bereits im Ersten Weltkrieg entwickelte.

Die Bevölkerungszahl lag durch die Flüchtlinge im Oktober 1946 bei 125 % der Vorkriegsmenge. Gerechnet mit dem verbliebenen Wohnraum und der zusätzlichen Einquartierung englischer Besatzer, die für sich bereits 1500 Wohnräume requirierten, blieben pro Person im Extremfall 4 m² übrig. (Meine Eltern wohnten zu Beginn der 50er Jahre mit mir auf 14 m² (Der Verfasser)). Selbst 1966 gab es bei den beiden neu erbauten Hochhäusern an der Brahmsstraße noch 500 Bewerber für eine Wohnung.

Aus dieser Situation begann man 1945 mit dem Bau von 100 Wellblechbaracken, genannt Nissenhütten; zur Hälfte am Brockesweg, zur Hälfte am Ackerweg, der heutigen Wagnerstraße. Es steht zu vermuten, dass die Baracken des Brockesweges auf dem Gelände des ehemaligen Westarbeitslagers, einer Unterkunft für Zwangsarbeiter des II. Weltkrieges, errichtet wurden.

Die Hütten bestanden aus doppelwandigem Wellblech, unisoliert, die Kopfenden mit Holzwänden abgeschlossen. Der Fußboden aus blankem Estrich. Innen wurden sie mit Heraklitplatten, den so genannten Sauerkrautplatten, verkleidet; ebenfalls unisoliert. Der Rest war Privatsache, z.B. Fischkistenbretter als Fußboden. Und auch hier mussten bis zu sechzehn Personen auf 66 m² leben. Das Ergebnis waren im Winter Innentemperaturen von bis -10 Grad und Eis an Wänden und Decke, die sich folglich am Tage als Tropfsteinhöhlen darstellten. Dafür war es dann im Sommer unendlich heiss unter dem Blech. Es gab keinen Strom, keine Wasserversorgung und keine Sanitäreinrichtungen. Vorhanden waren ein Waschhaus mit mehreren Betonbadebecken für alle Lagerbewohner und eine Baracke mit eingeteilten Zellen pro Familie als Toilette.

Zusätzlich gab es in der Nachkriegszeit natürlich auch nichts zu heizen. Da Cuxhaven am Ende der Transportwege lag, ging auf dem Weg bis dahin alles `verloren´ - Lastwagen, wenn es sie denn gab, ja ganze Zugladungen. Von 300 Zentnern Brikett kamen noch 30 an oder: Von zwei Waggonladungen Braunkohle (an sich schon schlechter Qualität) war ein Waggon leer und ausgefegt und in dem zweiten lag noch ein Brikett. 35 der 50 Fischdampfer konnten aus Kohlemangel nicht auslaufen. So wurden z.B. die Duhner Badebrücke oder das Döser Familienbad in Wärme umgewandelt. Auch der Kohlenhändler Herbert Fitter am Bauhof, heute Werner-Kammann-Straße, Schul- und andere Behördenkeller waren nicht sicher vor Kohlendiebstahl. Von in Brockeswalde exhumierten britischen Soldaten, die nach England überführt wurden, wurden die Särge verheizt. Kohlefahrzeuge wurden bis zur `feindlichen´ Nachbarstraße verfolgt, um die Straße von heruntergefallenen Kohlen sauber zu halten. Außerdem zog man aufs Land, um Torf zu stechen. Auch an der Döser Wettern wurde Torf gestochen.
Die Not war seinerzeit so groß, dass selbst auf dem heutigen Parkplatz an der Alten Liebe Kartoffeln angepflanzt wurden.

"Wo heut´ für teures Geld die Wagen parken
konnt` man früher seine Beete harken.
Gurken ernten, Unkraut jäten
und um wenig Sturmflut beten".
Der Einsteller

1957 wurden die Baracken dann abgerissen.

Bilder


Fußnoten

  1. Wikipedia